Leitartikel21. Juli 2009

Terrorismus bekämpfen

von

Wer nicht unbedingt darauf angewiesen ist, sollte bis Ende September Reisen in die Bundesrepublik Deutschland vermeiden. Das ist keine offizielle Reisewarnung, auch keine Mitteilung unseres Außenministeriums – neiiiin, Herr Asselborn würde seinem Freund Steinmeier sowas nie antun – man sollte das lediglich als Hinweis verstehen. Wer ganz sicher sein will, sollte sich bis dahin auch davor hüten, sich mit Deutschen in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Der Grund ist ein ganz einfacher: »Vor der Bundestagswahl steigt die Gefahr von Terroranschlägen auf Deutsche«, meldete die Agentur AP am Sonntag. Deutsche »Sicherheitsbehörden« schätzen ein, daß »islamistische Terrororganisationen« versuchen werden, »mit Anschlägen die Bundeswehr zum Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan zu bewegen«. Bereits Anfang Juli hatte der Staatssekretär im Innenministerium August Hanning »auf eine Zunahme von Attentaten in Afghanistan, auf Video-Drohungen und eine verstärkte Reisetätigkeit nach Pakistan verwiesen«, heißt es.

Die »Sicherheitsbehörden« erklären, Taliban und Al Kaida versuchten im afghanischen Kundus, den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen. Weitere Anschlagspläne seien dort in Vorbereitung. In richtiges Deutsch übersetzt heißt das, daß Aufständische in Afghanistan ihre Angriffe auch gegen die deutschen Besatzer verstärken, zum Beispiel in Kundus, wo die »Freiheitsbringer« aus Germany einen ihrer Stützpunkte haben, von dem sie gegen bewaffnete Krieger vorgehen, die einst mit Geld und Know-how aus den USA ausgestattet und zu »Freiheitskämpfern« erklärt wurden, nämlich seinerzeit gegen die sozialistisch orientierten staatlichen Einrichtungen und gegen die Sowjetarmee, die diese Einrichtungen schützen helfen sollte.

Nun hat aber die Angelegenheit inzwischen ihre eigene Dynamik entwickelt. Nach dem erzwungenen Abzug der Sowjets errichteten die islamistischen Krieger ihren eigenen Staat, der sich vorzüglich als Vorzeigeobjekt eignete, wenn man im Westen einen brutalen Gegner präsentieren wollte. Viele islamistische Krieger ließen sich verführen und zu Attacken mißbrauchen, aus denen die USA und der Westen erstklassige Vorwände für großangelegte militärische Invasionen und andere Operationen basteln konnten. Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß Bin Laden weiter auf der Gehaltsliste steht. Heißt es nicht »Einmal CIA, immer CIA«?

Wer nun eigentlich welche Attacken organisiert und finanziert, ist kaum zu durchschauen, zumindest auf Seiten der Aufständischen in Afghanistan, Pakistan, Irak und sonst wo. Auf der anderen Seite ist es eindeutig. Der Westen hat die Chance genutzt, starke militärische Verbände an strategisch wichtigen Orten der Welt zu stationieren – selbst das kleine Luxemburg leistet dazu einen symbolischen Beitrag und ist demzufolge auch mitverantwortlich, wenn immer wieder Hochzeitsgesellschaften oder zu schnell fahrende Autofahrer von wachsamen NATO-Soldaten erschossen werden. Die westlichen Regierungen haben den Terror in diese Länder getragen – und behaupten tapfer das Gegenteil. Aber was eignet sich besser als das Schüren von Angst, wenn man von wachsenden Problemen im eigenen Land ablenken will? Wer macht sich noch Gedanken um seinen Arbeitsplatz, wenn sein Leben von Terroristen bedroht wird? Von welchen Terroristen eigentlich?

Uli Brockmeyer