Ausland28. Juli 2021

Militär im Orbit

Weltraumkommando der deutschen Bundeswehr erhält neues Zentrum

von Nina Hager

Seit 2009 verfügte die Bundeswehr über ein Weltraumlagezentrum in Uedem, das gemeinsam mit dem zivilen »Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt« (DLR) betrieben wurde. Vor zwei Woche stellte Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in Uedem nun das »Luft- und Weltraum-Operationszentrum« (Air and Space Operations Centers, ASOC) in Dienst. Bis 2022 soll es fertiggestellt werden. Die Zusammenarbeit mit der DLR wird bleiben. »Die Dimension Weltraum« müsse in Zukunft mehr mitgedacht werden, hatte Kramp-Karrenbauer bei der Eröffnung erklärt. Für Deutschland seien »Weltraumoperationen immer Defensivoperationen«.

Wer’s glaubt… Denn auf der Internetseite der deutschen Bundeswehr wird behauptet: »Die Bedrohungslage im Weltraum steigt. Als Reaktion darauf wurde am 13. Juli 2021 das Weltraumkommando der Bundeswehr in Dienst gestellt. Es dient zur Bündelung der Kapazitäten und Fähigkeiten der Luftwaffe und dem Cyber- und Informationsraum. Ebenso erhält es weitere Fähigkeiten, welche die Bundeswehr zukunftsfähiger machen.«

Das Weltraumkommando sei zentrale Ansprechstelle für »multinationale Partner« und verhelfe zur besseren Kommunikation aller Akteure, erklärt die Bundeswehr. Ziel sei es, die kritische Weltrauminfrastruktur zuschützen, von der Deutschland mit seiner hochgradig vernetzten Wirtschaft und Infrastruktur »tiefreichend abhängig« sei. Man will auch zivile Satelliten mittels Kollisions- und Annäherungswarnungen »schützen«. Doch das Weltraumkommando erhält auch die Aufgabe, »die Weltraumsysteme der Bundeswehr zu schützen und, wenn notwendig, zu verteidigen. Ebenso werden nationale und internationale Partner auf Anfrage unterstützt.« Man verfolge aber keine Pläne im Hinblick auf die »Beschaffung von Bewaffnung zur Satellitenbekämpfung«.

Eine weitere Aufgabe des Operationszentrums soll darin bestehen, vor in die Atmosphäre eintretenden Objekten – zum Beispiel Raumschrott – rechtzeitig zu warnen. Man wolle in der Lage sein, Infrastruktur schnell aus dem Gefahrenbereich zu schaffen oder elektromagnetisch zu schützen.

Max Mutschler vom »Bonn International Center for Conversion« (BICC) sagte im Interview mit dem Auslandspropaganda-Sender »Deutsche Welle«, die moderne Kriegsführung sei abhängig von Satelliten und daraus folge eine gewisse Verletzbarkeit. Aber was, wenn man daraus folgere, man müsse sich im Weltraum verteidigen? Tobias Pflüger, Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke – seine Partei lehnt die Militarisierung des Weltraums und die Beteiligung der Bundeswehr an einem neuen »Krieg der Sterne«ab – erklärte: »Die offizielle Begründung für das Weltraumkommando ist, daß auf mögliche Auseinandersetzungen oder Angriffe reagiert werden soll. Real ist das der Startschuß für eine Beteiligung der Bundeswehr an der militärischen Nutzung des Weltraums. Die Bundeswehr will hier in der neuen militärischen Dimension von Konflikten mitspielen.«

Dafür spricht, daß sich Deutschland nicht erst jetzt darum sorgt, die eigenen und NATO-Interessen auch im Weltraum »zu sichern«. Die Bundeswehr hatte – schon bevor die NATO 2019 den Weltraum offiziell zum Operationsgebiet erklärte – beispielsweise in ihrer »Strategischen Leitlinie Weltraum« von 2017 den erdnahen Weltraum als »militärischen Operationsraum« bezeichnet, der für die »moderne Kriegsführung« unerläßlich sei.