Luxemburg09. Juni 2023

Klimakiller NATO

Während der am Montag beginnenden Luftkriegsübung »Air Defender 2023« werden pro Tag bis zu 500.000 Liter Kerosin verfeuert

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Nicht nur Kriege, schon Kriegsübungen zerstören in verheerender Weise die Umwelt und verursachen durch das eingesetzte militärische Großgerät Unmengen an klimaschädlichen Emissionen. Ein Leopard-2-Panzer verbraucht im Gelände bis zu 530 Liter Sprit auf 100 Kilometer und ein F-35-Kampfjet setzt beim Verbrennen einer einzigen Tankladung 28 Tonnen Treibhausgase frei. Im Vergleich zu dem eines Soldatenstiefels ist der ökologische Fußabdruck eines durchschnittlichen Luxemburgers geradezu winzig: Über zwei Jahre benötigt er, um so viele Treibhausgase zu verursachen wie eine F-35 mit einer Tankladung.

Laut einer von den britischen Scientists for Global Responsibility (Wissenschaftler für globale Verantwortung) und dem ebenfalls britischen Conflict and Environment Observatory (Beobachtungsstelle für Konflikte und Umwelt) Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Studie verursachen die weltweiten Streitkräfte fünfeinhalb Prozent der globalen Emissionen. Wären sie ein Staat, schreiben Linsey Cottrell und Stuart Parkinson, stünden die Streitkräfte der Welt in der Bilanz ihrer Treibhausgasemissionen an vierter Stelle hinter den USA, China und Indien.

Auch die ab Montag über Deutschland und in »angrenzenden Lufträumen« stattfindende »größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der NATO« wird verheerende Folgen für die Umwelt und das Klima haben. Zur Betankung der laut Bundeswehr mehr als 250 eingesetzten militärischen Luftfahrzeuge aus 24 NATO-Staaten sowie vom Anwärter Schweden wurde auf dem ab 1934 noch für Görings Reichsluftwaffe angelegten Fliegerhorst Wunstorf in Niedersachsen ein mobiles Kraftstofflager mit 2,4 Millionen Liter Rauminhalt eingerichtet. Es soll sich um das größte Tanklager handeln, das es jemals auf deutschen Boden gab. An jedem der auf zwölf Tage angelegten Luftkriegsübung werden 400.000 bis 500.000 Liter des in den Sonntagsreden der Regierungspolitiker sämtlicher NATO-Staaten verteufelten fossilen Brennstoffs Kerosin verfeuert.

Hinzu kommt, daß die NATO-Hauptmacht mehr als 100 Militärflugzeuge für »Air Defender 2023« über den Atlantik herangeschafft hat. Sie stammen von der Air National Guard, der Luftkomponente der Nationalgarde, die auch als Reserve für die U.S. Air Force fungiert. Die Bandbreite ist groß und reicht von den in die Jahre gekommenen F-15-, F-16- und F/A-18-Kampfjets über Transport- (C-27, C-130) und Tankflugzeuge (KC-135, KC-46) und das Erdkampfflugzeug A-10, das auf Angriffe gegen Panzer, Truppenkonzentrationen und Stellungen spezialisiert ist, bis hin zum brandneuen Tarnkappenjet F-35, der die B61-12, die letzte Generation US-amerikanischer Atombomben, zum Ziel transportieren kann. Von der F-35 hat die deutsche Regierung aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen 35 und die belgische Regierung aus Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen 34 bei Lockheed Martin (zum Preis von 80 Millionen US-Dollar pro Stück) bestellt. Die mittlerweile als Bundesluftwaffe firmierenden deutschen Luftstreitkräfte nehmen mit 64 Luftfahrzeugen am Großmanöver teil. Dazu gehören Eurofighter, Tornados, A400M, LJ35 und leichte Unterstützungshelikopter.

Da sich die Luxemburger Armee nur indirekt daran beteiligt, dürfte »Air Defender 2023« keine größeren negativen Auswirkungen auf das vom olivgrünen Ressortchef François Bausch ausgegebene Ziel haben, den Kohlendioxidausstoß der Armee bis 2030 um 45 Prozent zu senken und bis zum Jahr 2050 »Nettonullemission« zu erreichen.