Ausland24. Mai 2025

Italiens Eisenbahner im Ausstand

Höhepunkt von bislang 30 Arbeitsniederlegungen im Mai. Auch Metallarbeiter streiken

von Gerhard Feldbauer

In Italien hat am Freitag ein landesweiter 24-stündiger Streik des Personals der Staatsbahnen (FS) sowie der Trenord-Bahnen in der Lombardei begonnen. Ab 1 Uhr und bis 23.59 Uhr sollten Hunderte Züge stillstehen. Mit der Arbeitsniederlegung protestieren die Gewerkschaften gegen den fehlenden Abschluß neuer Kollektivverträge, berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Aufgerufen hatte die Unione sindacale di Base (USB) im Personentransport. Der Streik hatte Auswirkungen auf den gesamten öffentlichen Eisenbahnsektor, besonders auf die Ballungsräume und Regionen, in denen der Dienst hauptsächlich von Trenitalia und ihren Tochtergesellschaften ausgeübt wird, er betraf aber auch andere lokale Verkehrsunternehmen sowie den privaten Konkurrenten Italo, der Hochgeschwindigkeitszüge zwischen italienischen Großstädten unterhält.

Der Streik war ursprünglich für den 17. Mai geplant, wurde aber – um Störungen während der Feierlichkeiten zur Amtseinführung des neuen Papstes Leo XIV. zu vermeiden – verschoben. Wie USB mitteilte, wurden nur die minimalsten Dienstleistungen in den sogenannten Garantiezeiten von 6 bis 9 Uhr und von 18 bis 21 Uhr für einige Fahrten der Regionalzüge eingehalten.

Nachdem die Eisenbahner schon am 5.und 6. Mai gestreikt hatte, war es das zweite Mal, daß der Verkehr landesweit für 24 Stunden lahmgelegt wurde, um die Verlängerung der Ende 2023 ausgelaufenen Kollektivverträge, für die rund 100.000 Eisenbahner kämpfen, durchzusetzen. Des Weiteren geht es um höhere Löhne, bessere und sichere Arbeitsbedingungen, eine bessere Gesundheitsversorgung und die Verteidigung von Arbeiterrechten, wurde im Streikaufruf der USB betont. Neben den Patronatsverbänden im Bereich Seefahrt, Häfen und Logistik wollen auch die Betreiber von Bussen, Bahnen und Straßenbahnen tarifliche Lohnerhöhungen von nur elf bis zwölf Prozent akzeptieren, was zu einem Kaufkraftverlust von Tausenden Euro zum Nachteil der Schaffenden führen würde, heißt es in dem Aufruf weiter.

Ebenfalls am Freitag hatte die USB die Metallarbeiter zu einem landesweiten achtstündigen Streik aufgerufen, um einen neuen Kollektivvertrag zu fordern. Die Metallarbeiter der drei großen Branchengewerkschaften hatten diese Forderung bereits in den vergangenen Monaten mit insgesamt 32 Streikstunden geltend gemacht. Es geht, so die USB, jetzt darum, echte Lohnerhöhungen, reduzierte Arbeitszeiten und Arbeiterrechte einzufordern. Die Unternehmen verweigerten in den Verhandlungen seit Monaten, die 2016 unterzeichneten Kollektivverträge zu erneuern. Statt Arbeitsplätze zu schützen, errichte das Patronat »Lohnmauern«, um seine Profite zu verteidigen. Die USB erinnern daran, daß laut OECD die Reallöhne in Italien zwischen 2019 und 2023 um 6,9 Prozent gesunken sind und es zu den EU-Ländern gehört, die am stärksten vom Kaufkraftverlust der Schaffenden betroffen sind.

Die Arbeitsniederlegungen am Freitag waren Höhepunkte der mit Monatsbeginn eröffneten mehr als 30 Streiks gegen die von der faschistischen Regierung Meloni seit ihrem Amtsantritt im Oktober 2022 in bisher nicht gekannter Weise durch steigende Lebenshaltungskosten verschärfte Armut, unter der nach Berechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO fast 3,5 Millionen Italiener leben müssen. Schon am 10. Mai hatten in Catanzaro in Kalabrien Proteste der Beschäftigten im Gesundheitswesen angeprangert, daß in Kalabrien Menschen sterben, weil das öffentliche Gesundheitswesen zerstört wurde. Ständige Privatisierungen hätten dazu geführt, daß in ganz Italien 4,5 Millionen Menschen eine ärztliche Behandlung aus wirtschaftlichen Gründen abbrechen müssen, Ärzte und Krankenpfleger aufgrund der niedrigen Löhne und der schrecklichen Arbeitsbedingungen den öffentlichen Dienst verlassen, die Kindersterblichkeitsrate in Kalabrien mit 3,9 pro 1.000 Lebendgeburten mehr als doppelt so hoch ist wie in der Toskana mit 1,8. Seit 2015 führte die Streichung von etwa 50.000 Krankenhausbetten zur Schließung von 150 Krankenhäusern und zu einem Rückgang der Krankenhauseinweisungen um etwa 2,5 Millionen.