Beispiellos hohe Temperaturen im Osten der Antarktis
Der Osten der Antarktis erlebt nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zur Zeit eine »außergewöhnliche und beispiellose Hitze«. Am vergangenen Freitag seien an der Forschungsstation »Concordia« 12,2 Grad minus gemessen worden. Das seien 40 Grad mehr als für die Region im langjährigen Durchschnitt um diese Jahreszeit üblich, und 20 Grad mehr als der vorherige Rekord im März, berichtete die WMO am Dienstag in Genf. Die Station wird seit 2005 von Italien und Frankreich betriebenen und liegt auf einem gut 3.200 Meter hohen Plateau.
An der von Rußland betriebenen Forschungsstation »Wostok« wurden 17,7 Grad minus gemessen, ebenfalls ein Wärmerekord. »Wostok« hält den Rekord für die kälteste jemals auf der Erde gemessene Temperatur: Dort wurden der WMO zufolge im Juli 1983 minus 89,2 Grad gemessen. Die ganze Region gilt als trockenste, windigste und kälteste Region der Welt. Grund für die beispiellosen Temperaturen sei ein »atmosphärischer Fluß«, erklärten französische Meteorologen. Als atmosphärischer Fluß wird ein Band mit feuchtigkeitsgesättigter Luft mehrere Kilometer über der Erdoberfläche bezeichnet, der Wärme und Feuchtigkeit transportiert.
»Mit dem Ereignis müssen die Rekordbücher und unsere Erwartungen, was in der Antarktis möglich ist, neu geschrieben werden«, twitterte Robert Rhode vom Umweltdateninstitut Berkley Earth. »Handelt es sich einfach nur um ein äußerst unwahrscheinliches Ereignis, oder ist es ein Zeichen dafür, daß noch mehr passieren wird? Im Moment weiß das niemand.«
Das Meereis in der Antarktis rund um den Südpol war in der Sommerschmelze im Februar nach WMO-Angaben schon so weit zurückgegangen wie nie zuvor seit Beginn der Messungen mit Satelliten 1979. Die Fläche fiel erstmals unter zwei Millionen Quadratkilometer. Auch in Teilen der Arktis am Nordpol würden zur Zeit außergewöhnlich hohe Temperaturen gemessen, berichtete die WMO-Sprecherin. Die Temperaturen in der Arktis sind durch den menschengemachten Klimawandel schon mehr als doppelt so stark gestiegen wie im globalen Durchschnittswert.
Erst im Dezember hatte die WMO einen Temperaturrekord im sibirischen Werchojansk im Fernen Osten Rußlands von 38 Grad anerkannt. Er wurde am 20. Juni 2020 gemessen. Auch in der Antarktis wurde 2020 ein Rekord gemessen: 18,3 Grad.