Leitartikel23. September 2021

Grüner Krieger

von

Es ist wahrlich sehr lange her, daß die Aktivisten der grünen Partei als Anhänger oder gar Unterstützer der Friedensbewegung galten. Wo auch immer sie Teil einer Regierung geworden sind, oder auch nach einer Regierungsbeteiligung streben, unterscheiden sie sich von christlich-sozialen oder sozialdemokratischen Kriegstreibern inzwischen vor allem durch eine noch heftigere Hetze gegen Rußland, China, Belarus oder Syrien. Ohne jeden Ansatz einer Analyse unterstützen und fördern sie Konfrontation und Kriegsvorbereitung.

Obwohl es dafür eigentlich keines Beweises mehr bedurfte, hat sich unser grüner Armeeminister in dieser Woche wieder einmal als grüner Kriegsminister präsentiert. In den Ausschüssen der Chamber sprach er über die Entsendung von luxemburgischen Soldaten nach Mocambique und in den Irak, als sei es das Natürlichste von der Welt, und ungeachtet der völlig hoffnungslosen »Mission« in Mali. Kaschiert wurde dieses traurige Schauspiel mit der Tarnbezeichnung luxemburgische »Drei-D-Politik«: »Diplomatie, Defense, Development«.

Angeblich gehe es um die »Stabilisierung dieser Staaten«, wovon nach Auffassung von Minister Bausch auch »Europa« profitieren werde. Abgesehen davon, daß Herr Bausch hier ganz bewußt den Kontinent Europa mit dem imperialistischen Staatengebilde Europäische Union verwechselt, ist völlig unklar, wie durch Kriegseinsätze neue Fluchtbewegungen in Richtung EU verhindert werden sollen, wie er behauptet. Bekanntlich sind Kriege, Krisen und Armut die wichtigsten Fluchtursachen.

Allerdings schob er dann eine weitere politische Begründung nach. Die EU könne es sich nicht leisten, das Feld anderen Akteuren wie Rußland zu überlassen, meint er. Das hat jedoch weder mit Diplomatie, noch mit Verteidigung oder gar Entwicklung etwas zu tun. Hier geht es um knallharte Machtpolitik, um die Sicherung von Einflußgebieten, die Beherrschung und die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen, um die militärische Sicherung von Transportwegen, um die Ausbeutung billiger heimischer Arbeitskräfte und um Konkurrenzkampf. All das dient nicht etwa der Entwicklung der Region der Sahelzone, des Nahen Ostens oder des östlichen Afrika, sondern in erster Linie der Absicherung der Profite der Banken und Konzerne, die sich in diesen Regionen betätigen oder betätigen wollen.

Erschwerend kommt hinzu, daß weder Herr Bausch noch seine Ministerkollegen oder die Mehrheit in der Chamber irgendetwas aus der krachenden Niederlage in Afghanistan gelernt haben. Selbst USA-Präsident Biden hat – zumindest verbal – zugegeben, daß es nicht möglich ist, mit militärischen Mitteln in anderen Teilen der Welt eine Gesellschaft nach dem Muster der USA oder der EU aufzubauen. Dieses Experiment ist in Afghanistan grandios gescheitert, ebenso wie im Irak, in Libyen, in Äthiopien, in Eritrea, im Südsudan und an vielen anderen Orten der Welt. Wo immer westliches Militär sich einmischt, entsteht riesiges Chaos, jeglicher Versuch einer Staatenbildung bringt letztlich gescheiterte Staaten hervor.

Die Sahelzone eignet sich besonders für einen neuen, langen, verlustreichen und hoffnungslosen Krieg. Nach dem von den USA und der NATO unterstützten Krieg in Libyen, der mit der grausamen Ermordung des langjährigen Staatschefs endete, verstreuten sich unzählige Milizen und bewaffnete Banden mit riesigen Mengen an Waffen und Munition in der Region. Jetzt mit weiteren Waffen und Ausrüstung dorthin zu gehen, bedeutet Öl ins Feuer gießen. Zu wessen Nutzen, Herr Minister?