Kaleidoskop30. November 2024

So wurde die Himmelsscheibe von Nebra hergestellt

von dpa/ZLV

Halle – Zum ersten Mal ist es Wissenschaftlern gelungen, den Herstellungsprozeß der mehr als 3.600 Jahre alten Himmelsscheibe von Nebra umfassend zu analysieren. Die Bronzescheibe gilt als die älteste Darstellung konkreter Himmelsphänomene, weswegen die UNO-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) sie vor elf Jahren in das »Memory of the World«-Register aufgenommen hat. Die neuen Erkenntnisse bezögen sich auf den Guß- und Herstellungsprozeß der Grundform der Bronzescheibe, nicht auf die Fertigung des Goldes darauf, sagte der Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt, Harald Meller. »Es geht also um das Grundmodell der Scheibe.«

Die metallografischen Untersuchungen hätten ergeben, daß die Himmelsscheibe in einem aufwendigen Warmschmiedeprozeß hergestellt wurde. Bis sie ihre endgültigen Ausmaße erreicht habe, seien ungefähr zehn Zyklen nötig gewesen. Ein jeder Zyklus umfaßt das Erhitzen bis auf rund 700 Grad, das Ausschmieden und anschließendes Glühen, um das Metallgefüge wieder zu entspannen. Bronze ist eine Legierung, die hauptsächlich aus Kupfer und einem geringen Anteil an Zinn besteht.

Neben Mikrostrukturanalysen an farbgeätzten Oberflächen mit dem Lichtmikroskop kamen zwei moderne bildgebende Verfahren zum Einsatz. Eine kleine Probe aus dem äußeren Bereich der Himmelsscheibe, die erstmals 2002 für sogenannte archäometallurgische Forschungen entnommen und wieder eingesetzt worden war, wurde abermals entnommen, neu untersucht und anschließend wieder eingesetzt. Zudem gab es Härtemessungen.

Die Himmelsscheibe von Nebra ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde in Deutschland. Sie war 1999 von zwei Raubgräbern entdeckt worden. Zwei Hehler hatten den Raubgräbern den Schatz abgekauft, wurden aber im Februar 2002 bei einer fingierten Verkaufsaktion in Basel, Schweiz von der Polizei geschnappt und rechtskräftig verurteilt.

Der Kupferschmied Herbert Bauer aus Halle fertigte eine Replik der Himmelsscheibe aus einem gegossenen Rohling an. Im Ergebnis wurde klar, daß der Rohling des Originals etwas größer und dünner als derjenige gewesen sein muß, der für die Replik verwendet wurde.

»Daß die Untersuchungen auch mehr als 20 Jahre nach der Sicherstellung der Himmelsscheibe noch derart grundlegende neue Erkenntnisse erbrachten, bezeugt nicht nur einmal mehr den außergewöhnlichen Charakter dieses Jahrhundertfundes, sondern auch, wie hoch die Kunst der Metallverarbeitung bereits in der Frühbronzezeit ausgeprägt war«, schätzte Landesarchäologe Meller ein.

Für die Menschen der Bronzezeit war die Himmelsscheibe sehr wertvoll gewesen und maximal 400 Jahre im Gebrauch. Das Material wurde bereits in der Bronzezeit von mehreren Handwerkern untersucht – eine ungefähr sechs Zentimeter lange und einen Millimeter tiefe Kerbe auf der Rückseite weist darauf hin. Auf der Vorderseite befinden sich goldene Abbildungen, die als Horizontbogen, Schiff, Mond, Sonne und Sterne gedeutet werden.