Ausland23. März 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

EU-Gipfel auf Kriegskurs

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten haben sich bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag vor allem mit weiteren Militärhilfen für die Ukraine sowie mit Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Rüstungshaushalte beschäftigt. Sie erzielten eine weitgehende Einigung über die Verwendung von Erträgen aus eingefrorenen russischen Guthaben für die Aufrüstung der Ukraine und über weitere Zwangsmaßnahmen gegen Rußland.

Unter anderem sollen höhere Zölle auf Getreide, Ölsaaten und andere ausgewählte Produkte aus Rußland und Belarus eingeführt werden. Getreideimporte aus Rußland in die EU waren in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Mit höheren Zollabgaben dürfte den EU-Ländern eine neue Teuerungswelle für Lebensmittel bevorstehen. In der am Freitag beschlossenen Gipfelerklärung heißt es, daß die EU-Kommission unmittelbar weiter »an den Unterstützungen für die Landwirtschaft arbeiten« soll. Nach teils heftigen Bauernprotesten hatte die EU-Kommission in den vergangenen Wochen bereits einige »Entlastungen präsentiert«.

Zudem bestimmte der Nahost-Krieg den Gipfel. Am Donnerstag hatten die EU-Staaten angesichts der dramatischen Notlage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen eine sofortige Feuerpause gefordert, die »zu einem nachhaltigen Waffenstillstand« führen solle. Darüber hinaus haben die Staatenlenker den Weg für Beitrittsgespräche mit Bosnien-Herzegowina frei gemacht.

Lage alarmierend

Die Situation in Haiti spitzt sich zu. In den vergangenen Wochen sei es bereits zu Angriffen bewaffneter Gruppen auf Gefängnisse, Häfen und Krankenhäuser gekommen, sagte die UNO-Koordinatorin für humanitäre Hilfe in Haiti, Ulrika Richardson. In den vergangenen Tagen seien diese Gruppen in bislang friedliche Viertel der Hauptstadt Port-au-Prince vorgedrungen. Die Situation habe sich von »besorgniserregend« zu »äußerst alarmierend« entwickelt. In Port-au-Prince gebe es »menschliches Leid in einem erschreckenden Ausmaß«. Mehr als 2.500 Menschen seien getötet, entführt oder verletzt worden.

»Licht-Verzicht für das Klima«

Unter dem Motto »Eine Stunde für die Erde!« ruft die Umweltstiftung WWF am heutigen Samstag zur »Earth Hour« auf. Um 20.30 Uhr sollen in aller Welt für eine Stunde die Lichter ausgeschaltet werden. Damit wollen die Initiatoren nicht nur ein Zeichen für das meteorologische Klima, sondern auch »für ein anderes politisches Klima« setzen: »Der aktuelle Zeitgeist ist angespannt. Krisen, Konflikte und Kriege beschäftigen die Menschen sehr. Wir wollen in diesem Jahr die Earth Hour als Moment füreinander, für unsere Erde nutzen und gemeinsam zeigen: Wir stehen ein für mehr Klimaschutz, für gegenseitigen Respekt, für Demokratie«, In den vergangenen Jahren haben sich tausende Städte in 192 Ländern beteiligt. Angesichts der Lage in der Ukraine und in Gaza wäre jedoch »Eine Stunde Kriegs-Verzicht für das Klima« noch sinnvoller.

Netanjahu besteht auf Angriff in Rafah

USA-Resolution im Sicherheitsrat gescheitert. Israel okkupiert weiteres Land

Tel Aviv – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will eine Offensive in Rafah notfalls auch im Alleingang durchführen. Nur so könne »die Hamas im Gazastreifen besiegt« werden, sagte er bei einem Treffen mit USA-Außenminister Antony Blinken am Freitag. »Ich habe ihm gesagt, daß ich hoffe, daß wir dies mit USA-Unterstützung tun werden, aber falls nötig, werden wir es auch alleine machen.«

Netanjahu habe Blinken gegenüber auch »signalisiert«, daß Israel »die Notwendigkeit erkenne, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus Kampfgebieten zu evakuieren«. Israel wolle sich außerdem auch um »die humanitären Bedürfnisse der Menschen in dem Küstenstreifen« kümmern.

Blinken wollte bei seinem Besuch in Israel mit der dortigen Regierung auch über die laufenden Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln sprechen. Er war am Mittwoch zu Gesprächen in der saudi-arabischen Stadt Dschidda und am Donnerstag in der ägyptische Hauptstadt Kairo.

Die Möglichkeit einer völkerrechtlich bindenden Waffenruhe im Gazastreifen ist im UNO-Sicherheitsrat auch fast sechs Monate nach Kriegsbeginn erneut gescheitert. Rußland und China blockierten eine von den USA eingebrachte Resolution am Freitag mit einem Veto.

Der russische Botschafter Wassili Nebensja erklärte, die Beschlußvorlage der USA-Regierung sei halbherzig und fordere eine Waffenruhe nicht klar genug. Zudem stelle der Text »effektiv ein grünes Licht« für Israels weiteres militärisches Vorgehen dar. Der chinesische Botschafter Zhang Jun bezeichnete die Resolution ebenfalls als nicht weitgehend genug. Es brauche eine sofortige Waffenruhe ohne Vorbedingungen. Falls es den USA mit ihrer Forderung ernst sei, sollten sie für einen stärkeren Resolutionstext stimmen, der derzeit von anderen Staaten vorbereitet werde, sagte er. Auch der Vertreter Algeriens stimmte gegen den Entwurf, Guyana enthielt sich.

Der Entwurf der USA-Resolution betonte »die Notwendigkeit einer sofortigen und dauerhaften Waffenruhe, um die Zivilbevölkerung auf allen Seiten zu schützen und die Bereitstellung unverzichtbarer humanitärer Hilfe zu ermöglichen und menschliches Leid zu lindern«. Der russische Botschafter erklärte, es reiche nicht, die »Notwendigkeit eines Waffenstillstandes« festzustellen, es müsse »ein Waffenstillstand gefordert« werden.

Israels Zivilverwaltung hat 800 Hektar im Westjordanland zu israelischem Staatsland erklärt. Auf dem Gebiet sollen Hunderte Siedlerwohnungen entstehen, berichtete der israelische Sender Kan am Freitag. Die israelischen Siedlungen im Westjordanland sind nach internationalem Recht illegal. Laut Medienberichten soll das Gebiet in der Nähe einer bereits existierenden israelischen Siedlung im Nordosten des Westjordanlands, nahe der jordanischen Grenze, liegen.

Die israelische Menschenrechtsorganisation »Peace Now« sprach von der »größten Landnahme seit dem Osloer Friedensvertrag«, den Israelis und Palästinenser 1993 unterzeichnet hatten. »Das Jahr 2024 markiert einen Höhepunkt im Ausmaß der Deklaration von Staatsland«, erklärte die Organisation. »Peace Now« warf Israels Regierungschef Netanjahu und Finanzminister Bezalel Smotrich vor, »zum Wohle einer Handvoll Siedler« gegen die ganze Welt und die Interessen der Menschen in Israel zu handeln.

Kiew forciert Angriffe auf russische Ölanlagen

Kiew – Die Ukraine will sich nicht von Drohnenangriffe auf russische Ölraffinerien abbringen lassen. Die Ölanlagen seien »aus militärischer Sicht legitime Ziele« für die Ukraine, sagte Vizeministerpräsidentin Olga Stefanischina, zuständig für »europäische und transatlantische Integration«, am Freitag in Kiew. Zuvor hatte die britische Zeitung »Financial Times« berichtet, die USA-Regierung dränge Kiew dazu, diese Angriffe einzustellen. Hintergrund sei die Befürchtung einer Eskalation und weltweit steigender Ölpreise vor der Präsidentenwahl in den USA. Das Blatt berief sich dabei auf drei nicht namentlich genannte Beteiligte an solchen Gesprächen.

Die ukrainischen Geheimdienste haben in den vergangenen Wochen systematisch russische Ölraffinerien auch weit hinter der Front mit Kampfdrohnen beschossen, zum Beispiel in Rjasan, Kstowo bei Nischni Nowgorod und in Krasnodar. Bekannt sind zwölf Angriffe. In mehreren Fällen gerieten Anlagen in Brand oder wurden beschädigt, so daß sie stillstehen. Ziel ist nach Angaben in Kiew, »den Nachschub an Treibstoff für die russische Armee auszubremsen«. Auch sollen die Einnahmen aus dem Treibstoffverlauf geschmälert werden. Die Ukraine setzt dabei Drohnen aus eigener Entwicklung ein, weil es bei vielen aus dem Ausland gelieferten Waffen die Auflage gibt, sie nicht gegen russisches Territorium zu verwenden. Verantwortlich für die Aktionen sind der Geheimdienst SBU und die Militäraufklärung HUR.

Längster Streik in ihrer Geschichte

Espenhain – Die IG Metall spricht inzwischen vom längsten Streik in ihrer Geschichte: Seit über 130 Tagen sind die Beschäftigten der Schrott-und-Recycling-Firma SRW metalfloat in Espenhain in Sachsen im Streik. Die Gründe dafür sind leicht nachzuvollziehen: schlechte Arbeitsbedingungen und schlechte Bezahlung.

Derzeit sind es laut Gewerkschaft weniger als 2.000 Euro brutto im Monat, die die Beschäftigten von SRW metalfloat nach Hause bringen. Dafür sortieren sie Metallschrott im Dreischichtbetrieb. In den Blechcontainern, in denen sie arbeiten müssen, wird es im Sommer über 40 Grad heiß und im Winter ist es so kalt wie draußen.

Lohnerhöhungen habe es in den vergangenen Jahren kaum gegeben, so die IG Metall. Viel sei versprochen worden, gekommen ist nichts. Deshalb fordern die Streikenden einen Tarifvertrag: 8 Prozent mehr Geld, jeweils 1.500 Euro Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie eine Verkürzung der Arbeitszeit von 40 auf 38 Stunden.

Wasserknappheit kann Frieden weltweit bedrohen

Paris – Die zunehmende Wasserknappheit kann nach Ansicht der UNESCO Konflikte auf der ganzen Welt anfachen. »Wenn wir den Frieden bewahren wollen, müssen wir nicht nur schnell handeln, um die Wasserressourcen zu schützen, sondern auch, um die regionale und globale Zusammenarbeit in diesem Bereich zu stärken«, sagte die Generaldirektorin der UNESCO, Audrey Azoulay, am Freitag anläßlich der Veröffentlichung des jährlichen Wasserberichts der Organisation.

Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung leide derzeit zumindest saisonal unter schwerer Wasserknappheit. Mehr als zwei Milliarden Menschen leben ohne Zugang zu sicherem Trinkwasser und 3,5 Milliarden Menschen können keine sauberen Sanitäreinrichtungen benutzen. Der weltweite Süßwasserverbrauch steigt jährlich um ein Prozent. Auch wenn knapp 70 Prozent des aus dem natürlichen Kreislauf entnommenen Süßwassers auf die Landwirtschaft entfallen, seien für den Anstieg des Wasserbedarfs vor allem die Industrie (20 Prozent) und die Haushalte (10 Prozent) verantwortlich.

Diese Wasserknappheit hat nach Ansicht der UNESCO das Potenzial, Konflikte anzufachen. Zum Beispiel habe die Entwässerung von Sumpfgebieten in der Sahelzone in Afrika – etwa durch schlecht durchdachte Wassererschließungsprojekte – zu Streitigkeiten über den Zugang zu Wasser und fruchtbarem Land geführt. Daher empfehle die Unesco mehr Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Wassernutzung.

USA-Repräsentantenhaus stimmt für Haushalt

Washington – Das US-Repräsentantenhaus hat erneut kurz vor einem drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte ein Haushaltspaket in Billiardenhöhe verabschiedet. Der Gesetzesentwurf wurde am Freitag mit parteiübergreifender Mehrheit angenommen – 286 Abgeordnete stimmten dafür, 134 Abgeordnete dagegen. Das 1,2 Billiarden US-Dollar schwere Paket finanziert einen großen Teil der Geschäfte der USA-Regierung für das laufende Haushaltsjahr, das noch bis Ende September geht. Weitere Militärhilfe für die Ukraine enthält es nicht. Die Zustimmung des Senats – der zweiten Parlamentskammer – stand noch aus. Ansonsten droht in der Nacht zum Samstag (Ortszeit) ein teilweiser Stillstand der Regierungsgeschäfte.

Es ist davon auszugehen, daß der Senat grünes Licht geben wird. Offen ist nur, wie lange sich die Abstimmung in der Parlamentskammer hinziehen wird.

Entscheidung über EU-Naturschutzgesetz verschoben

Brüssel – Die belgische EU-Ratspräsidentschaft hat die Entscheidung über ein heiß diskutiertes Naturschutzgesetz auf unbestimmte Zeit verschoben. Eigentlich sollten die EU-Umweltminister am Montag über das Gesetz abstimmen, nun wurde das Thema von der Agenda gestrichen, wie die Ratspräsidentschaft am Freitag mitteilte. Das Vorhaben werde aber zügig wieder auf die Tagesordnung kommen. Aus Diplomatenkreisen hieß es, für eine ausreichende Mehrheit fehle die Stimme eines Landes. Eigentlich galt die Zustimmung zu dem Vorhaben als sicher.

Mit dem Gesetz sollen Europäischen Union künftig mehr Bäume gepflanzt sowie Moore und Flüsse in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt werden. Wie aus Angaben von Diplomaten von Freitag hervorgeht, unterstützen unter anderem Polen, Schweden und Italien das Gesetz nicht. Vor allem konservative Politiker befürchten eine »unverhältnismäßige Belastung für Landwirte«.

Die EU-Staaten müßten dem Vorschlag mit einer sogenannten qualifizierten Mehrheit zustimmen. Dafür ist das Ja von mindestens 15 der 27 EU-Staaten nötig. Diese müssen gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Wie es nun genau weitergeht, ist offen. Denkbar ist etwa, daß die belgische EU-Ratspräsidentschaft in den kommenden Tagen ein Land mit Vorbehalten überzeugt, dem Gesetz doch zuzustimmen. Eine endgültige Zustimmung können aber nur die Ministerinnen und Minister der EU-Staaten erteilen.


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