Leitartikel25. April 2024

United Auto Workers: Ab in den Süden!

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Wie die »Enterprise« in einer besseren Zukunft in Galaxien vordringt, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat, so dringen die United Auto Workers (UAW) gerade in den rückständigen und gewerkschaftsfeindlichen Süden der USA vor.

Ende vergangener Woche haben die Arbeiter des deutschen Volkswagen-Konzerns in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee in einer Urabstimmung mit überwältigender Mehrheit für den Beitritt zur Gewerkschaft UAW votiert.

Das ist ein weiterer Meilenstein in den beharrlichen Bemühungen der Salariatsvertreter, in den Südstaaten der USA insbesondere die Industriearbeiter endlich gewerkschaftlich zu organisieren.

Für die UAW stimmten 2.628 VW-Arbeiter, dagegen nur 985. Noch bis morgen haben beide Seiten Zeit, die Wahl anzufechten, ansonsten gilt sie offiziell als bestätigt. Dann wird das VW-Werk in Chattanooga das erste Autowerk eines ausländischen Konzerns im Süden der USA sein, in dem die UAW die Interessen der Schaffenden vertritt.

Die Gewerkschaft, die seit mehr als hundert Jahren für die Belange der Autoarbeiter in der »Motor City« Detroit ganz im Norden der USA kämpft, ist schon in zwei Werken des US-amerikanischen Ford-Konzerns in Kentucky und in zwei General-Motors-Fabriken in Tennessee und im südlichsten Bundesstaat Texas sowie in mehreren Lkw-Werken vertreten.

Für den UAW-Präsidenten Shawn Fain ist die gewonnene Abstimmung bei VW auch ein persönlicher Erfolg. Er war im vergangenen Jahr von den rund 400.000 UAW-Mitgliedern mit dem klaren Ziel gewählt worden, die Konfrontation mit den Autokonzernen zu verstärken.

Und Shawn Fains Bilanz kann sich sehen lassen: Schon im Herbst vergangenen Jahres führte er die Gewerkschaft zu einer Reihe erfolgreicher Streiks gegen Ford, General Motors und die Stellantis-Tochter Chrysler.

Mit den neuen Kollektivverträgen stiegen die Löhne der Automobilarbeiter um gut ein Drittel. Vor allem für die vielen Leiharbeiter und Schaffenden in Teilzeit bedeuten die neuen Kollektivverträge bei den »Big Three« der US-amerikanischen Autobranche einen Meilenstein.

Unter Shawn Fain haben die kämpferischen United Auto Workers schon den nächsten Konzern ins Visier genommen. »Ihr habt gerade das Wichtigste getan, was jemand aus der Arbeiterklasse tun kann – ihr habt euch erhoben!«, sagte der UAW-Präsident am Freitagabend auf der Wahlparty in Chattanooga. »Ihr gebt den Weg vor, wir werden diesen Kampf zu Mercedes und überall sonst hin tragen.«

Denn schon in drei Wochen wird im Werk des Mercedes-Konzerns in der Nähe von Tuscaloosa, Alabama über eine gewerkschaftliche Vertretung abgestimmt. Beobachter gehen jedoch davon aus, daß es die UAW dort schwerer haben wird als bei Volkswagen.

»Mercedes führt im Werk eine deutlich aggressivere Antigewerkschaftskampagne als VW«, sagte am Wochenende John Logan von der San Francisco State University laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Jedoch habe die UAW durch den klaren Sieg im Volkswagen-Werk in Chattanooga Auftrieb bekommen. Nun könnte es zu einem neuen Brückenkopf gewerkschaftlicher Organisierung im Süden der USA werden.