Kaleidoskop07. Februar 2024

Forscher wollen Hurrikan-Skala erweitern

von dpa/ZLV

Die Stärke tropischer Wirbelstürme der vergangenen Jahre sprengt nach Ansicht von zwei Forschern die derzeit übliche Hurrikan-Windskala. Bislang reicht diese bis Kategorie 5, die Wirbelstürme mit Windgeschwindigkeiten ab 70 Metern pro Sekunde umfaßt. In den vergangenen Jahren hätten jedoch mehrere tropische Wirbelstürme eine Windstärke von über 86 Metern pro Sekunde gehabt, schreibt das Team in den »Proceedings« der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften (»PNAS«). Das entspricht 309,6 km/h.

Eine Analyse von Daten von 1980 bis 2021 ergab, daß fünf Stürme in die neue hypothetische Kategorie 6 eingestuft worden wären. Alle diese Stürme seien in den letzten neun Jahren der Datenreihe aufgetreten, schreiben Michael Wehner vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Berkeley und James Kossin von der University of Wisconsin-Madison. Ein Grund für die Steigerung sei der Klimawandel und der damit einhergehende Anstieg der Meerestemperaturen. Dieser liefere zusätzliche Wärmeenergie für die Hurrikans, die somit stärker werden könnten.

Der stärkste der fünf Wirbelstürme, Hurrikan »Patricia«, trat 2015 im Ostpazifik auf und traf in Mexiko auf Land. Die übrigen vier waren Taifune, wie tropische Wirbeltürme in der Nordwestpazifikregion genannt werden. Darunter war »Haiyan«, der im Jahr 2013 auf starkbevölkerte Inseln der Philippinen traf und die meisten Toten dieser fünf Wirbelstürme verursachte.

Ältere Klimamodellierungen ergaben nach Auskunft der Forscher, daß das Risiko von Wirbelstürmen der hypothetischen Kategorie 6 in der Region der Philippinen um die Hälfte steigt, wenn die globale Erwärmung 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegt. Im Golf von Mexiko verdopple sich die Zahl dann sogar.

In der Vergangenheit sei bereits vorgeschlagen worden, daß der besonders zerstörerische Tropenwirbelsturm »Haiyan« in eine Kategorie 6 aufgenommen werden sollte, erläutert das Team. »Aber „Haiyan“ scheint kein Einzelfall zu sein.« Die Forscher plädieren für eine Änderung der derzeitigen Saffir-Simpson-Hurrikan-Windskala, mit einer Kategorie 5 für Spitzenwindgeschwindigkeiten von 70 bis 86 Metern pro Sekunde und einer zusätzlichen Kategorie 6 darüber.

Eine frühere Studie hatte ergeben, daß die meisten Todesfälle im Zusammenhang mit Hurrikans in den USA an der Küste durch Sturmfluten verursacht wurden (49 Prozent), gefolgt von Überschwemmungen durch Starkregen (27 Prozent), Todesfällen direkt durch Wind (8 Prozent) und verschiedenen weiteren Ursachen.

Für viele Faktoren der Zerstörung sei die windbasierte Skala zwar nur am Rande relevant, schreiben die Forscher. Dennoch bleibe sie ein wichtiges Kriterium für die Risikowarnung. Das Hinzufügen einer sechsten Kategorie zur Hurrikan-Wind-Skala könne zudem das Bewußtsein für die Gefahren größerer Wirbelstürme aufgrund der Erwärmung der Erde sensibilisieren. Die Saffir-Simpson-Hurrikan-Windskala wurde in den frühen 70ern in den USA eingeführt.