Ausland09. September 2025

China feierte den 80. Jahrestag des Sieges

»Atemberaubende Auswahl fortschrittlicher neuer Waffen«

von Rainer Rupp

Nicht ohne beklommene Vorahnung haben Medien in den USA ausführlich über die »atemberaubende Auswahl fortschrittlicher neuer Waffen« berichtet, die China am vergangenen Mittwoch bei der Militärparade in Beijing zum ersten Mal öffentlich gezeigt hat.

Zum 80. Jahrestag des Sieges über den kaiserlichen japanischen Militarismus hat die chinesische Regierung in der vergangenen Woche eine riesige, faszinierende Militärparade abgehalten. Die Invasoren hatten in dem von ihnen besetzten Teil Chinas mit grausamen, zigtausendfachen Massenmorden an Zivilisten schreckliche Verbrechen begangen, für die sie sich bis heute gegenüber den Chinesen nicht entschuldigt haben.

Die Militärparade in Beijing markierte auch das öffentliche Debüt einer ganzen Reihe von neuen Waffensystemen, die die »New York Times« (NYT) als »atemberaubend« bezeichnete, und die sicherstellen, daß China nie wieder von einer fremden Macht unterjocht werden wird. Dazu notierte die »Washington Post«, daß mit der Parade »Chinas Ambitionen, militärisch mit den Vereinigten Staaten zu konkurrieren, offengelegt wurden«. Sie habe auch gezeigt, daß sich China damit »in einem möglichen Krieg um Taiwan einen Vorteil verschaffen will«.

Die Kriegsmarine der USA hat Dominanz in den verloren

Ein wichtiger Schwerpunkt der Parade lag auf vier neuen Modellen von Anti-Schiffsraketen, drei davon hyperschall-fähig, berichten chinesische Medien. Diese Raketen, die mindestens die fünffache Schallgeschwindigkeit erreichen und in der Angriffsphase Ausweichmanöver fliegen können und deshalb von der Raketenabwehr AGIS der US Navy nicht aufgehalten werden können, sind darauf ausgelegt, im Ernstfall gegnerische Kriegsschiffe im asiatisch-pazifischen Raum effektiv zu bekämpfen.

China hat folgt dabei der russischen Strategie, die vor nunmehr 15 Jahren von dem damaligen Verteidigungsminister etwa wie folgt formuliert wurde: »Wir brauchen keine teuren Flugzeugträger, sondern kostengünstige Raketen, die Flugzeugträger gesichert bekämpfen«. Timothy R. Heath, Forscher beim RAND-Institut, hat das offensichtlich richtig verstanden, wenn auch sein von der »NYT« veröffentlichtes Zitat den Sachverhalt untertreibt: »Beijings Entscheidung, diese Waffen zu präsentieren, sendet eine klare Botschaft an Taiwan und an Washington: China kann USA-Kriegsschiffe gefährden.«

Besonders auffällig war die YJ-19, ein Marschflugkörper mit einem »Scramjet«-Antrieb, der erst bei Überschallgeschwindigkeit arbeitet und die Rakete extrem schnell macht. Eric Heginbotham vom renommierten Massachusetts Institut of Technology (MIT) betonte, daß die YJ-19 durch ihre unvorhersehbare Flugbahn und die Fähigkeit, in der Endphase tiefer zu fliegen als ballistische Raketen, feindliche Abwehrsysteme überfordern könnte. Unklar bleibe, ob die YJ-19 und andere neue Raketen bereits im Einsatz sind. Ihr potenzieller Einfluß auf die Verwundbarkeit der US Navy hänge davon ab, wie viele dieser Raketen China produzieren und einsetzen kann. »Nicht alles, was gezeigt wird, ist einsatzbereit«, beschwichtigte Heginbotham laut »NYT«. »Das war in der Vergangenheit so und gilt auch heute.«

Neue Waffen für Bodentruppen

Die Parade präsentierte neue gepanzerte Fahrzeuge, die aus Transportflugzeugen abgeworfen werden können und mit Periskop artigen Sichtgeräten ausgestattet sind, die es Soldaten ermöglichen, die Umgebung vom Inneren des Fahrzeugs aus zu beobachten. Joshua Arostegui vom China Landpower Studies Center des US Army War College betonte, daß diese Fahrzeuge Chinas Fähigkeit zur schnellen Truppenverlegung nach Taiwan oder sogar weltweit stärken. »Diese fortschrittlichen Panzerungen verleihen den Luftlandeeinheiten mehr Feuerkraft und Schutz, wenn sie hinter feindlichen Linien abgesetzt werden oder auf gefährliche Situationen im Ausland reagieren«, erklärte er.

Auch ferngesteuerte gepanzerte Buggys, die Minen räumen und verwundete Soldaten bergen können, wurden vorgestellt. Joshua Arostegui wies jedoch auf Herausforderungen hin: »Die größten Probleme dieser Systeme sind Kosten und Wartung.«

Ein Blick auf zukünftige See- und Luftkämpfe

Zwei elegante Unterwasserdrohnen feierten ihr Debüt und signalisierten Chinas Ambitionen, mit den USA auf See zu konkurrieren. Eine Drohne war ein 20 Meter langes, torpedoförmiges Fahrzeug mit glatter Hülle, die andere hatte kleine Masten für Kommunikation. Jennifer Parker, ehemalige Offizierin der australischen Marine und Expertin am National Security College der Australian National University, betonte die Vielzahl der von China entwickelten Unterwasserfahrzeuge: »Die Bandbreite der Typen deutet darauf hin, daß sie in diesem Bereich fortschrittlicher sein könnten als andere Länder.« Parker vermutet, daß das Modell AJX002 bewaffnet sein könnte, möglicherweise mit einer Art selbstfahrender Mine oder Torpedo.

Kampfjets, Bomber und andere Flugzeuge donnerten über den Himmel, während am Boden Lastwagen große Drohnen trugen, die wie kleine Kampfjets aussahen. Dies signalisiert Chinas Pläne, bemannte und unbemannte Flugzeuge in zukünftigen Kriegen zu kombinieren. Andreas Rupprecht, ein Experte für chinesische Militärluftfahrt aus Deutschland, betonte laut »NYT«: »In vielen technologischen Bereichen liegt China in der Überholspur – manchmal auf Augenhöhe oder sogar vor den führenden Mächten.« Die unbemannten Flugzeuge wurden jedoch nicht im Flug gezeigt, was darauf hindeutet, daß sie noch in Entwicklung sind.

Ausbau der Nuklearstreitkräfte

Besonders aufmerksam beobachtet wurden Chinas nuklearen Fähigkeiten. Die Raketen mit der Bezeichnung DF-31BJ, die über den Tiananmen-Platz rollten, deuten auf Pläne hin, die interkontinentalen Streitkräfte, die die USA treffen können, auszubauen. Ankit Panda vom Carnegie Endowment for International Peace erklärte, die Bezeichnung deute auf eine Version der mobilen DF-31-Rakete hin, die für Silostarts angepaßt wurde. China präsentierte auch nuklearfähige Raketen für U-Boote und Flugzeuge. Die genaue Zahl von Chinas Atom-Sprengköpfen ist unbekannt, aber die laut Schätzung der »Federation of American Scientists« liegt sie bei 600.

In den letzten Jahren baute China drei Raketensilofelder in seinen nördlichen Wüsten. Laut Ankit Panda könnten etwa 10 Silos pro Feld bereits bestückt sein. »Die Präsentation der DF-31BJ ist das nächste, was wir an einer Bestätigung neuer Silos von China bekommen«, sagte er. Die chinesische Regierung äußert sich jedoch kaum zu diesem Thema.

Die von Präsident Xi Jinping geleitete Militärparade war nicht nur eine Zurschaustellung technologischer Fortschritte, sondern eine klare Warnung an potenzielle Gegner, insbesondere die USA und Taiwan. Die neuen hyperschnellen Raketen, Drohnen und gepanzerten Fahrzeuge unterstreichen Chinas Entschlossenheit, die USA mit ihrer bisher unangefochtenen militärischer Vormachtstellung im asiatisch-pazifischen Vorhof Chinas in die Schranken zu weisen.

Während die operative Einsatzbereitschaft einiger Systeme unklar bleibt, zeigt die Parade, daß China in der Lage ist, auch bei unbemannten Systemen und nuklearen Fähigkeiten mit den auf diesem Gebiet führenden Mächten der Welt gleichzuziehen oder sie sogar zu überholen.

In einer Zeit wachsender geopolitischer Spannungen bleibt die Frage, wie diese Demonstration das strategische Kalkül im Westen beeinflussen wird. Wird der Westen noch mehr rüsten, um China doch wieder dominieren zu wollen? Oder wird man Vernunft walten lassen und Zusammenarbeit mit China anstreben – in Richtung eines gemeinsamen, gegenseitig vorteilhaften Sicherheitskonzepts, wobei kein Staat oder Militärbündnis auf Kosten der Sicherheit des anderen seine eigene Sicherheit, z.B. mit neuen Raketen, verstärken darf?