Konkrete Drohungen
Am 23. Dezember ehrten ungarische Antifaschisten im Zentrum von Budapest das Andenken des bürgerlichen Journalisten, Politikers und Widerstandskämpfers Endre Bajcsy-Zsilinszky, der von 1938 bis 1944 zunächst für die Nationale Radikale Partei und später für die Partei der Kleinen Landwirte Abgeordneter im ungarischen Parlament war. Er wurde im November 1944 von ungarischen Faschisten verhaftet und am 24. Dezember in einem Gefängnis in Sopronköhida ermordet.
Nach der Gedenkveranstaltung für Endre Bajcsy-Zsilinszky und weitere ungarische Patrioten, die vor 65 Jahren von den Faschisten umgebracht worden waren, drohte die neofaschistische Internetseite hunhir.hu, die eng mit der verbotenen »Ungarische Garde« verbunden ist, mit Gewalt gegen die Antifaschisten und persönlich gegen Vilmos Hanti, Präsident des Ungarischen Verbandes der Widerstandskämpfer und Antifaschisten (MEASZ) und Vizepräsident der FIR.
Man werde »die jüdische Ratte« früher oder später erwischen, heißt es auf der Internetseite. »Da er ein ziemlich großer Kerl ist, wird er in der Lage sein, in einem der früheren Wellnesscenter zu arbeiten, die wieder eröffnet werden.« In den gut 50 Leserkommentaren gehen die Angriffe noch weiter. Er wird als Anhänger von Terroristen bezeichnet und des »Hochverrats« beschuldigt. »Er verdient kein Arbeitslager, sondern muß erhängt werden«, heißt es. Die Kommentare sind voller weiterer antisemitischer Hetze, die aus dem Vokabular der deutschen Faschisten bekannt ist.
Vilmos Hanti wandte sich in dieser Angelegenheit an die ungarische Polizei und forderte die Schließung der betreffenden Internetseite, die auch Mitglieder für die »Ungarische Garde« wirbt, eine paramilitärische Truppe nach dem Vorbild der SA. Hanti hat außerdem Klage gegen den Betreiber der der Seite eingereicht.
Vilmos Hanti, Jahrgang 1958, hat an der Budapester Universität studiert und war viele Jahre als Lehrer tätig. Er ist aktives Mitglied der Sozialistischen Partei und arbeitet seit 1992 in der Leitung der ungarischen Kinderschutzorganisation. Im Jahre 200 wurde er zum Vorsitzenden des Ungarischen Verbandes der Widerstandskämpfer und Antifaschisten (MEASZ) gewählt.
Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, die Dachvereinigung der Organisationen ehemaliger Partisanen, Widerstandskämpfer, Deportierter und Antifaschisten heutiger Generationen aus über 20 Ländern Europas und Israel, protestierte gegen die Angriffe auf einen ihrer Vizepräsidenten. »Wenn man bedenkt, daß die neofaschistische Szene in Ungarn in den vergangenen Monaten für zahlreiche Gewalttaten verantwortlich ist, dann können solche Angriffe nicht auf die leichte Schulter genommen werden«, heißt es in einer Erklärung. Die FIR fordert daher von den ungarischen Behörden, daß die Verantwortlichen der Internetseite zur Rechenschaft gezogen werden. »Gewaltdrohungen und menschenverachtende Hetze stehen nicht unter dem Schutz der Meinungsfreiheit.« (FIR/ZLV/bro)