Ausland04. Mai 2023

Menschen sparen beim Essen

Umsatzflaute im deutschen Einzelhandel

von dpa/ZLV

Der Einzelhandel in Deutschland klagt über schwindenden Umsatz. Im Handel mit Lebensmitteln errechnete das Statistische Bundesamt – trotz steigender Preise – den stärksten Rückgang bei den Einnahmen seit fast 30 Jahren. Ökonomen warnen, daß offenbar besonders arme Menschen bei Nahrungsmitteln noch mehr sparten, insbesondere angesichts der Kaufkraftverluste der Bevölkerung.

Im März setzte der deutsche Einzelhandel nach vorläufigen Berechnungen der Wiesbadener Statistiker preisbereinigt (real) 2,4 Prozent und nominal 1,3 Prozent weniger um als im Februar. Gemessen am Vorjahresmonat März 2022 schrumpfte der reale Umsatz deutlich um 8,6 Prozent und einschließlich der stark gestiegenen Preise um 0,2 Prozent. Schon im Februar hatte es Umsatzeinbußen gegeben.

Besonders auffällig: Der Erlös mit Lebensmitteln fiel im März preisbereinigt um gut zehn Prozent binnen Jahresfrist. »Dabei handelt es sich um den stärksten Umsatzrückgang zum Vorjahresmonat seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994«, teilten die Statistiker am Dienstag mit. Ein Grund dafür dürften die teuren Nahrungsmittel sein, deren Preise im März im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als 22 Prozent stiegen. Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln sei damit dreimal so hoch wie die Gesamtteuerungsrate von 7,4 Prozent im März gewesen.

Der Rückgang der Einzelhandelsumsätze spiegle die durch Energiepreisschock und hohe Inflation fallende Kaufkraft der privaten Haushalte wider, hieß es seitens des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Kaufkraftbereinigt lägen die Umsätze nicht nur unter den Werten aus den Corona-Jahren, sondern auch spürbar unter dem Niveau vom Frühjahr des letzten Vorpandemie-Jahres 2019.

»Bedenklich ist dabei vor allem, daß auch die Umsätze mit Lebensmitteln deutlich zurückgehen. Hier ist davon auszugehen, daß besonders ärmere Familien, die ohnehin oft qualitativ schlechtere Nahrungsmittel kaufen, nun noch einmal weiter sparen«. Familien mit geringen Einkommen seien stärker von der Inflation betroffen als Besserverdiener.

Die stark gestiegenen Lebensmittelpreise sind nicht nur auf gestiegene Rohstoffkosten und Energiepreise zurückzuführen. Der Allianz-Trade-Inflationsexperte Andy Jobst sprach unter anderem von »übermäßigen Gewinnmitnahmen« bei den Herstellern.

In Deutschland waren die Löhne unter Berücksichtigung der Verbraucherpreise um vier Prozent gesunken. Das war das dritte Jahr in Folge mit fallenden Reallöhnen und das stärkste Minus seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2008. Den Menschen bleibt damit deutlich weniger Geld in der Tasche.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hatte erst kürzlich ein Ladensterben wegen der »Konsumzurückhaltung« und steigender Kosten prognostiziert. In diesem Jahr dürften etwa 9.000 Geschäfte aufgeben, befürchtet der HDE.