Die »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« sprach mit dem Zentralsekretär des OGBL Alain Rolling
»Wir können das rabiate Vorgehen von Celanese-DuPont Teijin nicht akzeptieren«
Zeitung: Wie wurde die Nachricht, dass DuPont Teijin zwei Produktionslinien definitiv schließen und kurzfristig 160 Arbeitsplätze »wegrationalisieren« würde, von den Beschäftigten aufgenommen?
Alain Rolling: Die Ankündigung, dass die Produktionslinien 2 und 4 geschlossen und 160 von insgesamt 270 Arbeitsplätzen abgebaut werden sollen, war für alle eine große Überraschung, die ganze Belegschaft war regelrecht geschockt. Niemand hätte auch nur daran gedacht, dass die Betriebsangehörigen, die seit Jahresbeginn kurzarbeiten mussten, innerhalb kurzer Zeit ihre Beschäftigung verlieren könnten.
Als DuPont Teijin Films vom US-amerikanischen Chemiekonzern Celanese Corporation Ende vergangenen Jahres aufgekauft wurde, war keine Rede davon, dass kurzfristig Arbeitsplätze abgebaut werden könnten.
Synergien für 450 Millionen Euro
Skeptisch machte mich allerdings schon, dass der Konzernchef von Celanese verkündete, man beabsichtige, durch Synergien zwischen Celanese, Hytrel und Teijin Films innerhalb von vier Jahren insgesamt 450 Millionen Euro einzusparen. Denn wenn ein Konzernchef von Synergien spricht, ist ein Abbau von Arbeitsplätzen nie ganz weit weg.
Zeitung: Die Direktion von DuPont Teijin begründete die Stilllegung der zwei Produktionslinien mit Schwierigkeiten in der Lieferkette des Hauptrohstoffs DMT. Es sei trotz aller Bemühungen nicht möglich gewesen, eine »alternative dauerhaft tragfähige Bezugsquelle« zu finden. Ist das so?
Alain Rolling: Es stimmt, dass das Unternehmen Oxxynova aus Steyerberg in Niedersachsen/Deutschland – der einzige noch verbliebene Produzent von DMT (geschmolzenes Dimethylterephthalat) in Europa – seine Produktion zum 31. Dezember 2022 auf unbestimmte Zeit einstellte. Es stimmt auch, dass es wegen der Folgen des jüngsten Erdbebens in der Türkei Schwierigkeiten bei der Lieferung von DMT durch das Unternehmen SASA aus Andana gibt.
Kein Interesse an Alternativen
Es gibt allerdings auch andere Bezugsquellen, denn der Markt für DMT wächst kontinuierlich, aber China und Indien liefern natürlich nicht zu Schleuderpreien, was den Aktionären von Celanese nicht gefallen dürfte. Mein Eindruck ist, dass die Schwierigkeiten bei der kurzfristigen Beschaffung von DMT ihnen in den Kram passen und es ihnen leichter machen, die Schließung zu rechtfertigen, während die bisherigen Kunden von DuPont Teijin Films in Contern wahrscheinlich demnächst von anderen Standorten von Celanese beliefert werden könnten.
Außerdem müsste ernsthaft untersucht werden, in wie fern die zwei Produktionslinien, die geschlossen werden, auf andere Rohstoffe umgestellt werden könnten. Das aber würde Investitionen erfordern, was die kurzfristigen Gewinne beeinträchtigen würde. Doch wir wissen, dass Celanese nicht lange fackelt und – wie in Frankreich geschehen – auch schon mal eine ganze Fabrik schließt, wenn es um die Maximierung der Gewinne geht. Sie haben offenbar kein Interesse daran, ernsthaft an Alternativen zu arbeiten.
Zeitung: Im Falle von DuPont Teijin in Contern sollen bekanntlich nicht nur zwei Produktionslinien geschlossen, sondern auch 160 Arbeitsplätze abgebaut und die Beschäftigten über einen »Sozialplan« innerhalb von kurzer Zeit auf die Straße gesetzt werden …
Alain Rolling: Das ist geradezu empörend. Die Direktion nahm wohl den gewerkschaftlichen Vorschlag, einen Plan zum Erhalt der Beschäftigung (»Plan de maintien dans l‘emploi«) auszuhandeln, zur Kenntnis und versprach in einer Mitteilung vom 6. März, die betroffenen Beschäftigten »fair und respektvoll zu behandeln«, verkündete dann aber bereits wenige Stunden später entsprechend den Vorgaben der Konzernführung aus den USA knallhart, man wolle die 160 Beschäftigten kurzfristig über einen »Sozialplan« auf die Straße setzen.
Knallharter Abbau
Als Gewerkschafter können wir dieses rabiate Vorgehen nicht akzeptieren, sondern wollen durchsetzen, dass es zu einem Plan zum Erhalt der Beschäftigung kommt, so dass es unter anderem möglich sein wird, die 160 hochqualifizierten Beschäftigten anderen Industrieunternehmen, die Fachkräfte suchen, zuzuführen, sie weiterzubilden und ihnen Perspektiven zu bieten. Was 2020 beim Glasproduzenten Guardian funktionierte, müsste auch bei DuPont Teijin möglich sein. Aber es braucht Zeit.
Zeitung: Wie soll es nun weitergehen?
Alain Rolling: Arbeitsminister Engel hatte in einer Unterredung am 9. März deutlich gemacht, dass er einen »Plan de maintien dans l‘emploi« unterstützen werde und hatte sich auf unser Drängen hin verpflichtet, eine Unterredung mit der Direktion von DuPont Teijin, den Gewerkschaften und dem Wirtschaftsminister herbeizuführen, um mögliche Lösungen zu prüfen. Dieses Gespräch wird am heutigen Mittwoch stattfinden.
Alle zum Protestpiquet!
Um deutlich zu machen, dass sie das inakzeptable Vorgehen von Celanese-DuPont Teijin Films und die Entlassungen über einen »Sozialplan« ablehnen, haben die Gewerkschaften OGBL und LCGB zusammen mit der Personalvertretung für Donnerstag, den 16. März 2023 um 10.30 Uhr zu einem Protestpiquet vor dem Unternehmen DuPont Teijin aufgerufen.
Als Zentralsekretär des OGBL möchte ich alle Kollegen, unabhängig von ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit und egal ob sie gewerkschaftlich organisiert sind oder nicht, ermutigen, an diesem Protest teilzunehmen und sich gemeinsam gegen Entlassungen zu wehren und für den Erhalt der Arbeitsplätze bei DuPont Teijin zu manifestieren.