Ausland03. Mai 2025

Die Bodenschätze der Ukraine

Der »Rohstoffdeal« der USA mit Kiew verschärft die transatlantische Rivalität

von German Foreign Policy

Das Rohstoff-Abkommen zwischen den USA und der Ukraine tangiert Interessen von EU-Staaten. Während vor Kriegsbeginn rund 40 Prozent der ukrainischen Rohstoffexporte in die EU gingen, erheben nun die Vereinigten Staaten Anspruch auf größere Anteile davon.

Die Ukraine besitzt rund fünf Prozent der globalen Bodenschätze, darunter einige, die laut Experten strategisch besonders wichtig sind, etwa Titan. Das Metall ist wegen seiner Eigenschaften – es ist leicht und sehr hart – insbesondere für die Rüstungsproduktion von Panzern bis zu Langstreckenraketen von Bedeutung.

Bislang ist die EU noch von Importen des Rohstoffs aus Rußland abhängig. Zugriff auf die ukrainischen Vorkommen könnte dies ändern. Besonders verärgerte Reaktionen auf den »Rohstoffdeal« der USA mit Kiew sind aus konservativen Kreisen in Britannien zu hören. Das Land hat im Januar seinerseits mit der Ukraine eine enge Rohstoffkooperation vereinbart. In London ist nun – sachlich zutreffend – von »neokolonialer Ausbeutung« durch die USA die Rede.

Rohstofflager der EU

Die Ukraine ist, wie es in einer umfassenden Analyse des Professors für Mineralogie und Rohstoffgeologie am Naturkundemuseum der Universität Oslo, Axel Müller, heißt, eins »der führenden Länder der Welt in der Rohstoffproduktion und –verarbeitung«. Demnach besitzt sie »etwa 5% der weltweiten Bodenschätze« und gehört bei einer Reihe wichtiger Ressourcen zu den zehn größten Produzenten überhaupt. Im Jahr 2021 war sie »der sechstgrößte Eisenerzproduzent der Welt«, konstatiert Müller; zudem verfügt sie »über die größten Manganerz-Reserven in Europa«, die gleichzeitig zu den »größten Reserven weltweit« zählen. Nicht zuletzt ist sie »einer der wenigen Graphitproduzenten in Europa«.

2021 erwarb die EU rund 40 Prozent der gesamten ukrainischen Rohstoffexporte, darunter insbesondere Eisenerz, Schmiedeeisen und Stahl; bei den Eisenerzimporten war sie zu rund 15 Prozent auf die Ukraine angewiesen. Die strategische Bedeutung ihrer Bodenschätze läßt sich auch an der Tatsache ablesen, daß das Kiewer Ministerium für natürliche Ressourcen im Juli 2021 in die European Raw Materials Alliance (ERMA) aufgenommen wurde, die eine verläßliche Versorgung der EU-Mitgliedstaaten mit strategischen Rohstoffen unterstützen soll. Die ERMA ist in Berlin angesiedelt und unter Mitwirkung der EU gegründet worden.

Titan für die Rüstungsindustrie

Unter den reichen Lagerstätten der Ukraine schreibt Müller den Titanvorkommen spezielle Bedeutung zu. Titan, »ein leichtes und hartes Metall«, werde in der Luft- und Raumfahrt, aber auch »für militärische Anwendungen« benötigt, konstatiert der Mineraloge – so etwa für den Bau von Kampfjets, Kriegsschiffen, Panzern und Langstreckenraketen. Die Ukraine verfüge nicht bloß »über die größten Titanreserven in Europa«, sondern auch – als eines von relativ wenigen Ländern weltweit – über einen »geschlossenen Produktionskreislauf in der Titanindustrie«.


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