Leitartikel25. April 2025

USA auf dem absteigenden Ast

von

Die von Trump versprochene Reindustrialisierung der USA wird auch dem lustigen MAGA-Onkel im Weißen Haus nicht gelingen. Denn nach den Gesetzen des Shareholder-Kapitalismus hat der geschaffene Reichtum vornehmlich den Aktienbesitzern zugute zu kommen – und die sind meist auf schnelle Profite aus, ohne sich um die Produktivkraftentwicklung zu scheren.

Schon in den 1970er und 1980er Jahren – als es noch gar kein Defizit in der Handelsbilanz mit der Volksrepublik China gab – zogen die USA-Präsidenten Carter und Reagan mit dem Versprechen nach einer Reindustrialisierung des Landes und der Heimholung von Millionen von Industriearbeitsplätzen in den Wahlkampf, doch passiert ist eher das Gegenteil.

Wurden in den 1960er Jahren noch 95 Prozent der in den USA getragenen Kleidungsstücke auch im Land hergestellt, so ist die Bekleidungsindustrie dort schon lange so gut wie verschwunden. Dieser Verlust war Teil einer gewaltigen Erosion der Produktionsbasis in den USA, in deren Verlauf mehr als 70.000 Fabriken von ihren Eigentümern für immer dichtgemacht wurden.

Auch in seiner ersten Amtszeit versprach Trump eine Reindustrialisierung, und bevor er zum zweiten Mal ins Weiße Haus einzog, versuchte es Biden zwischendurch mit dem staatlichen BBB-Programm (»Build Back Better«), die USA-Wirtschaft zu reindustrialisieren und die desolate Infrastruktur im Land zu modernisieren.

Doch der Erfolg blieb aus. Als der Großteil Europas und Japan in den 1950er Jahren in Trümmern lagen, entfiel rund die Hälfte der weltweiten Produktion auf die USA. In den 1960er Jahren ging dieser Anteil auf gut ein Drittel und bis zu den 1980er Jahren auf ein Viertel zurück. Bis heute ist der Anteil der USA an der Weltproduktion weiter auf nur noch rund zwölf Prozent gesunken.

Denn beim transnationalen Outsourcing macht den USA-Kapitalisten keiner was vor. Jahr für Jahr werden rund 300.000 Arbeitsplätze aus den USA verlagert. Mit erheblichen Konsequenzen. Von den (laut dem Magazin »Forbes«) Produkten und Dienstleistungen im Wert von 92,5 Milliarden US-Dollar, die weltweit im vergangenen Jahr ausgelagert wurden, entfielen auf die USA allein 62 Milliarden US-Dollar, also mehr als zwei Drittel.

Jeder Versuch einer Reindustrialisierung setzt zuvörderst massive und jahrzehntelange Investitionen in die dazu nötigen Produktionsanlagen, aber auch in die Infrastruktur und in die Ausbildung der Arbeitskräfte voraus. In allen drei Bereichen ist China den USA mittlerweile haushoch überlegen.

Während im Hightech-Bereich nur noch elf Prozent der Produktionsanlagen in den USA stehen, befinden sich 45 Prozent in China. Die Volksrepublik dominiert auch den globalen Markt für den Bau kommerzieller Schiffe, von denen bereits über die Hälfte aus der Volksrepublik kommt, während der Anteil der USA auf weniger als ein Prozent geschrumpft ist. Während in den USA noch immer Zugstrecken abgebaut werden, verbinden chinesische Hochgeschwindigkeitszüge schon 500 Städte und fahren bald durch Zentralasien bis nach Europa.

Vor allem aber bringt Chinas Bildungssystem jedes Jahr rund dreieinhalb Millionen Hochschulabsolventen in den berühmten MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik hervor. Das sind rund zehnmal so viele wie alle USA-Unis zusammen. Nicht besser sieht es weiter unten auf der »Bildungsleiter« aus: 54 Prozent der Erwachsenen in den USA lesen auf einem Niveau unterhalb dessen, was in der sechsten Klasse vorausgesetzt wird…