Fieberhafte Suche nach Überlebenden in Marokkos Erdbebengebieten
In den schwerzugänglichen Erdbebengebieten in Marokko läuft die Suche nach Hunderten von Vermißten auf Hochtouren. Während die Menschen in der Nacht zu Montag die dritte Nacht in Folge aus Angst vor weiteren Nachbeben in den Straßen von Marrakesch und anderen Orten verbrachten, versuchten Soldaten mit ausländischer Unterstützung, in entlegene Bergdörfer vorzudringen. Mit Bulldozern müssen in dem zerklüfteten Gelände Straßen von Erdrutschen befreit werden, damit Krankenwagen durchkommen, berichtete gestern die Internetzeitung »Morocco World News«. Überlebende des schweren Erdbebens schilderten, daß aus den Trümmern der Häuser Leichengeruch ströme.
Britannien ist mit 60 Such- und Rettungsexperten sowie vier Suchhunden in Marokko, um die Einsätze unter marokkanischer Führung zu unterstützen, teilte der britische Botschafter Simon Martin auf X mit. Auch eine Spezialeinheit des spanischen Militärs beteiligt sich »in Abstimmung mit den marokkanischen Behörden«, erklärte der Leiter des spanischen Rettungsteams gegenüber der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP. Obwohl auch andere Länder Hilfe angeboten haben, nahm Marokko zunächst nur von den vier befreundeten Ländern Spanien, Katar, Britannien und Vereinigte Arabische Emirate (VAE) Unterstützung an.
Für die Einsatzkräfte ist es ein Wettlauf gegen die Zeit: Experten geben einen Richtwert von 72 Stunden an, in denen ein Mensch höchstens ohne Wasser auskommen kann. Unterdessen hat Marokkos Erziehungsministerium den Schulunterricht in 42 Dörfern in den am schwersten betroffenen Regionen ausgesetzt. Nach bisherigen Erkenntnissen des Ministeriums befinden sich unter den Toten sieben Lehrkräfte und 39 weitere Menschen. Mindestens 530 Erziehungseinrichtungen seien beschädigt worden.
Nach bisherigen amtlichen Angaben kamen mindestens 2.497 Menschen ums Leben, mindestens 2.476 wurden verletzt. Das Erdbeben der Stärke 6,8 auf der Richter-Skala, das schlimmste seit Jahrzehnten in Marokko, hatte sich am späten Freitagabend ereignet. Seither wurde das nordafrikanische Land, wo Erdbeben nur selten vorkommen, von weiteren Nachbeben heimgesucht. Die Regierung kündigte einen Sonderfonds für die notleidende Bevölkerung an.
Damit sollten unter anderem Kosten zur Absicherung beschädigter Häuser gedeckt werden, berichtete die marokkanische Nachrichtenseite Hespress unter Berufung auf einen Regierungssprecher. Zur Höhe des Hilfsfonds gab es zunächst keine Angaben. Er solle sich aus Geldern öffentlicher Einrichtungen und aus »freiwilligen Beiträgen des Privatsektors« zusammensetzen, hieß es. Zur medizinischen Versorgung der Verletzten seien neben den ortsansässigen Krankenhäusern und Ambulanzdiensten über 1.000 Ärzte sowie 1.500 Krankenschwestern und Pfleger mobilisiert worden.