Leitartikel03. Juni 2022

D'Fangeren ewech vum Index!

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Was würde man wohl von einer CGDIS-Leitung halten, die nach einem arbeitsintensiven Großbrand auf die Idee kommt, dem gesamten Korps ein paar Tage frei zu geben, damit Brandbekämpfer und Retter ihre vielen Überstunden abfeiern können?

Nichts anderes plant die Regierung aus zwei liberalen und einer sozialdemokratischen Partei mit dem Index: Ausgerechnet nachdem eine in unseren Breiten seit der Ölpreiskrise Anfang der 70er Jahre nicht mehr dagewesene Preisteuerung Großbrände in den Haushaltskassen der Lohnabhängigen und ihrer Familien verursacht hat, soll die rückwirkende und leider auch nur teilweise erfolgende Anpassung der Löhne an die Inflation manipuliert werden, sollen nach dem Gesetz längst erfallene Indextranchen um mehrere Monate oder gar Jahre verschoben werden, bis sie ihren Niederschlag auf dem Lohnzettel finden.

Aber so wie eine gutfunktionierende Feuerwehr gerade bei einem jederzeit möglichen Großbrand gebraucht wird, brauchen die Schaffenden die automatische Anpassung ihrer Löhne gerade in Zeiten, in denen das Leben für sie und ihre Familien immer teurer wird.

Als der Index 1921 zunächst nur für Eisenbahner und Staatsbeamte eingeführt wurde, waren die Inflationsraten sogar noch höher als heute. Doch der 1975 auf alle Lohnabhängigen ausgeweitete Index wurde seitdem noch in jeder größeren Krise vom Patronat und seinen jeweiligen Sachwaltern in der Regierung angegriffen.

Von 1981 bis 1984 wurde der Index manipuliert, indem eine maximale Zahl an pro Jahr wirksam werdender Indextranchen festgelegt wurde. Dann ist es den Schaffenden und ihren Gewerkschaften mehr als zwei Jahrzehnte lang gelungen, gravierende Indexmanipulationen abzuwehren. Dieser Erfolg der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung hatte zwei Voraussetzungen:

Erstens hatten die Schaffenden mit ihrem eintägigen Streik am 5. April 1982 gezeigt, daß sie bereit sind, den Index zu verteidigen. Zweitens hatten ihre Gewerkschaften Index-Verschlechterungen kategorisch abgelehnt und sogar mit Generalstreik gedroht, sollte der Index angetastet werden.

Doch dann stimmten die national repräsentativen Gewerkschaften OGBL, CGFP und LCGB auf einer Tripartite im Mai 2006 einem Austeritätspaket zu, das einen Monat später von der Parlamentsmehrheit der damaligen Regierung aus CSV und LSAP abgesegnet wurde.

Erst später begannen die Salariatsvertreter, sich zu wehren und der damalige OGBL-Generalsekretär André Roeltgen erklärte im Frühjahr 2013, die seit 2006 erfolgten Indexmanipulationen würden bis 2014 zu einem »Lohn- und Kaufkraftverlust für die arbeitende Bevölkerung« von rund einer Milliarde Euro führen. Dies sei eine »massive Umverteilung zugunsten der Betriebe und der Kapitaleigner« gewesen.

Unter seiner Präsidentin Nora Back, Roeltgens Nachfolgerin an der Spitze der größten Gewerkschaft des Landes, hat der OGBL diesmal von Anfang an die Position »D'Fangeren ewech vum Index!« vertreten. Bleibt zu hoffen, daß auch CGFP und LCGB bald merken, daß zu einer wirksamen und nachhaltigen Verteidigung des Index ein für die Schaffenden günstiges gesellschaftliches Kräfteverhältnis nötig ist, das mit der Einheit der Gewerkschaften anfängt.