Luxemburg17. Mai 2025

Warum erkennt Luxemburg Palästina nicht an?

Außenminister Bettel verstrickt sich zunehmend in Widersprüche

Es wird zur Gewohnheit in diesen Zeiten Politiker beim Ignorieren der Wirklichkeit zu beobachten. Das war gestern im Luxemburger Außenministerium eindeutig der Fall. Zwar erklärt Xavier Bettel, er habe die israelische Regierung davor gewarnt, den Krieg in Gaza mit dem Argument fortzuführen, die Hamas sei noch nicht vernichtet, denn sie sei auch eine Ideologie und die könne nicht mit Bomben platt gemacht werden.

Einen Wortschwall weiter fällt aus Bettels Mund die Meldung, junge Palästinenser könnten dem Hamas zugetrieben werden, und das riskiere für sie attraktiver zu werden als der Gedanke an eine friedliche Zukunft, wobei die Frage ihm dabei nicht kommt, was das denn sein könnte, was die aktuelle Regierung Netanyahu da anzubieten hätte angesichts dessen, daß seit zwei Monaten keine humanitäre Hilfe nach Gaza reinkommt, derweil hunderte beladene LKW an der Grenze stehen.

Und am Ende hören wir, eine Anerkennung eines Staates Palästina bringe nichts, da müsse Wesentliches in einem Paket sein, von Waffenstillstand über Stärkung der palästinensischen Regierung bis hin zu einem Zustand, in dem Hamas nicht mehr existiert. Wie das gehen soll, sagte bettel aber nicht.

Er sagt dafür ungeniert, Israel habe »ein Recht auf Selbstverteidigung«. Das hat ein Okkupant in besetzten Gebieten keineswegs, im Gegensatz zu Besetzten, die das Recht auf jede Form von Widerstand laut Völkerrecht haben, auch bewaffneten Widerstand. Das haben die Vertreter Südafrikas in Den Haag als Ankläger deutlich gesagt, aber im Westen wird das nicht zur Kenntnis genommen.

Immerhin ist Bettel so weit zu sagen, das was die israelische Armee in Gaza tue, sei schon lange keine Selbstverteidigung mehr, und der Tod von über 53.000 Zivilisten, darunter 16.000 Kinder, sei eine Kriegsrechtsverletzung und eine Verletzung der Proportionalität der Antwort auf den 7. Oktober 2023.

Aber er sagt halt auch, eine symbolische Anerkennung bringe nichts, obwohl die Vertreter der Palästinensischen Autorität ihm gesagt haben, das tue ihnen moralisch gut, weil die Anerkennung durch Irland, Malta, Slowenien und Spanien nichts Positives bewirkt hat, dafür aber die Regierung Netanyahu dazu brachte, die der Palästinensischen Autorität zustehenden Steuern einzubehalten statt sie auszuzahlen.

Seit er Außenminister ist, war er viermal in Israel/Palästina und er habe immer mit beiden Seiten gesprochen. Er habe inzwischen nicht mehr das Gefühl, irgendeiner finde noch Gehör in Israel, aber man könne nicht aufhören, es ihnen zu sagen, auch daß es Israel war, das nicht in die zweite Phase des Waffenstillstands wollte und stattdessen die Bombardierungen wieder aufnahm.

In der EU unterstütze Luxemburg die Forderung Hollands nach Evaluation des Assoziierungsabkommens mit Israel, wo in Artikel 2 normiert wird, daß die Menschenrechte zu respektieren sind, was Israel definitiv nicht mehr tue. Daher würde jede Evaluation zur Aussetzung des Abkommens führen und einer Erweiterung der Sanktionen.

Auf die Journalistenfrage, ob das, was geschieht, als Genozid zu bezeichnen ist, weigert sich Bettel aber das zu tun. Das müßten Gerichte entscheiden, nicht Politiker.

Schön, ob die Evaluation stattfindet, muß beim Außenministerrat am 20. Mai in Brüssel entschieden werden, und zwar einstimmig. Wobei aber Tschechien eine gemeinsame Erklärung zuletzt beim Außenministertreffen in Polen verhindert hat.

Ansonsten hofft und wartet Bettel auf das von Saudi-Arabien und Frankreich initiierte Treffen im Juni in New York. Das können einen Impakt haben, und dann sei auch er bereit, als ferventer Anhänger einer Zweistaatenlösung einen Staat Palästina anzuerkennen. Er habe eine Orientierungsdebatte in der Chamber davor beantragt, um mit einem starken Mandat nach New York zu gehen.

Bettel erhofft sich eine gemeinsame Anerkennung mit Japan, Südkorea und islamischen Ländern wie Djibouti, fordert aber gleichzeitig von den islamischen Ländern die Anerkennung Israels, womit er wieder in Realitätsverweigerung macht.

Denn die Regierung Netanyahu fordert nicht einfach eine Anerkennung Israels, sondern eine solche als »jüdischen Staat«, obendrein ohne vorher festzulegen, was die Grenzen dieses Staates seien. Das ist etwas, was kein arabischer Staatsmann sich leisten kann. Die Forderung »Hamas muß fortgehen« ist genauso unrealistisch wie daß die 750.000 radikalen zionistischen Siedler im Westjordanland freiwillig weggehen würden für einen palästinensischen Staat in den 1967 festgelegten Grenzen.

Auch wenn er sich energisch dagegen verwehrt, die UNWRA als terroristische Organisation durch die Regierung Netanyahu bezeichnet zu sehen, die auch im Westjordanland Schulen schließt und Menschen vertreibt, gelingt es ihm damit nur, überall bei Freund und Feind Unzufriedenheit mit der Position des kleinen Großherzogtums Luxemburg zu schaffen. Hilfreich ist das nicht!