Leitartikel09. Februar 2016

Die vielen Probleme der Alleinerziehenden

von

Die Zusammensetzung der Haushalte sieht heute völlig anders aus als noch vor 20 Jahren. Massiv gestiegen ist dabei vor allem die Zahl der Alleinerziehenden – wovon über 90 Prozent Frauen sind. Fast die Hälfte davon sind geschieden, nahezu ein Drittel sind ledig, 20 Prozent sind verwitwet oder leben getrennt von ihrem Partner.

Während mehr als die Hälfte aller Alleinerziehenden in Mehrfamilienhäusern leben, besitzen kaum über 20 Prozent eine Eigentumswohnung. Bei verheirateten Paaren liegt diese Quote bei rund 80 Prozent. Darüber hinaus klagen viele Alleinerziehende über zu wenig Wohnraum. Was nicht überraschen darf, da weit über die Hälfte aller alleinerziehenden Männer und Frauen Niedriglohnbezieher sind, die weniger als 25.000 Euro im Jahr verdienen und sich somit keinen größeren Wohnraum leisten können.

Trotz Kindergeld, Alimenten und sonstigen Familienzulagen klagen viele Alleinerzieherinnen immer häufiger über finanzielle Engpässe. Denn Indexklau, Anheben der TVA, steuerliche Verschlechterungen, Desindexierung der Familienzulagen, höhere Beteiligungen bei der Gesundheitsversorgung, massiver Anstieg der Preise für Kinderbetreuung und kommunale Dienstleistungen belasten die Haushaltskasse dieser Menschen ganz besonders schwer. Wie ernst die Situation vieler Betroffenen heutzutage ist, zeigen offizielle Studien, die belegen, dass über 50 Prozent aller Alleinerziehenden von Armut bedroht sind.
Leidtragende sind dabei nicht allein die Erwachsenen. Opfer sind auch die Kinder. So wird vielen Sprösslingen schon in jüngstem Alter so manches vorenthalten. Die zahlreichen sozialen Benachteiligungen, unter denen sie somit bereits als Kleinkind zu leiden haben, setzen sich in der Regel im schulpflichtigen Alter fort. Was auch erklärt, dass es vorrangig Kinder aus sozial schwachen Haushalten sind, die die Schule ohne Qualifikation verlassen und deswegen riskieren, immer häufiger von der Schulbank direkt in die Arbeitslosigkeit gedrängt zu werden.

Auch sind die vielen sozialen Ungerechtigkeiten desöfteren Auslöser von Unwohlsein und Krankheiten. Studien belegen, dass alleinerziehende Frauen zunehmend an Schlaflosigkeit und an innerer Unruhe leiden. Sie wirken gereizter und verbringen weitaus mehr Zeit beim Grübeln als verheiratete Frauen. Zu den Fragen, die sich viele immer wieder stellen müssen, gehören »Wie zahle ich Miete und Kinderkrippenplatz?«, »Wie garantiere ich meinem Sprössling eine gesunde Ernährung?« oder »Reicht in diesem Monat das Geld für die ärztliche Betreuung meines Kindes?«

Rund 80 Prozent aller Alleinerzieherinnen sind berufstätig und müssen Berufsleben, Haushalt und Kindererziehung unter einen Hut kriegen. Was aufgrund der zunehmenden Deregulierung und Flexibilisierung der Arbeitszeitorganisation immer schwerer zu bewältigen ist, da sie kaum noch Zeit für Entspannung, Freizeit und Ausgleich haben und ihr Leben deshalb immer häufiger nur mehr aus Arbeit, Haushalt, Entbehrungen… und gesundheitlichen Problemen besteht.

Und diesen Menschen will das Patronat durch eine weitere Ausweitung der Flexibilisierung der Arbeitszeitregelung noch schlechtere Arbeitsbedingungen aufzwingen. Es ist an den Gewerkschaften, dies abzuwenden.


gilbert simonelli