Ausland02. August 2024

»Unter erbärmlichen Zuständen«

Folter und Mißhandlung Gefangener aus Gaza in Israel

von dpa/ZLV

Mindestens 10.000 Palästinenser aus dem Gazastreifen werden »unter erbärmlichen Zuständen« in israelischem Gewahrsam festgehalten, heißt es in einem Bericht des UNO-Menschenrechtsbüros in Genf. Es gebe Aussagen über Mißhandlungen und Folter. Mindestens 53 Menschen seien in israelischem Gewahrsam ums Leben gekommen.

Auch die im vergangenen Oktober aus Israel in den Gazastreifen verschleppten Geiseln hätten von Mißhandlungen berichtet, so das Büro. Zusätzlich seien im besetzten Westjordanland und in Israel Tausende Palästinenser in Gewahrsam genommen worden.

Zum Umgang mit Palästinensern in israelischer Gefangenschaft sagte der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk: »Die Zeugenaussagen, die mein Büro und andere Stellen bekommen haben, deuten auf eine Reihe von Gräueltaten hin.« Es seien Hunde auf die Gefangenen losgelassen worden, andere hätten »Waterboarding« erlebt, eine Foltermethode, die Ertrinken simuliert, die durch ihre Anwendung in Militärgefängnissen der USA im Irak-Krieg und später auch in Afghanistan bekannt und berüchtigt wurde. Beides sind eklatante Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, so Türk.

Die Menschen seien meist gefesselt und mit verbundenen Augen nach Israel gebracht worden. Betroffen seien vor allem Männer und Teenager, aber auch Frauen. Sie würden ohne Anklage und ohne Kontakt zu Anwälten festgehalten.

Menschen hätten berichtet, sie seien in käfigähnlichen Verschlägen festgehalten worden, lange Zeit nackt gewesen und hätten Windeln tragen müssen. Ihnen sei Wasser und Nahrung vorenthalten worden und sie seien am Schlafen gehindert worden. Einige hätten von Elektroschocks und Verbrennungen mit Zigaretten berichtet und sexueller Gewalt berichtet.

Nach dem 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppte, später freigelassene Geiseln hätten berichtet, daß sie bei der Gefangennahme geschlagen worden seien und – angesichts der allgemeinen Hungersnot im Gazastreifen – »oft zu wenig zu essen und zu trinken« bekommen hätten. Es gebe auch Berichte über sexuelle Gewalt, heißt es.

Der Bericht kritisiert auch die palästinensische Autonomiebehörde, die im Westjordanland Oppositionelle willkürlich festnehme und teils mißhandele.

Türk verlangte die umgehende Freilassung der verbliebenen Geiseln. Auch müßten die willkürlich gefangen genommenen Palästinenser freigelassen werden. Alle Vorwürfe über Mißhandlungen und Folter müßten umgehend untersucht werden.

Diese Woche hatten israelische Militärpolizisten in der Militärbasis Sde Teiman nahe der Wüstenstadt Beerscheva neun Soldaten festgenommen, weil sie einen Gefangenen der Hamas so schwer sexuell mißhandelt haben sollen, daß er mit Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht werden mußte. Nach der Festnahme der Soldaten gab es in Israel massive Unruhen.

Wegen des Vorwurfe der mutmaßlichen Mißhandlung palästinensischer Gefangener erhob Israels Militärstaatsanwaltschaft am Dienstag Anklage gegen einen (!) Soldaten. Ihm wird vorgeworfen, zwischen Februar und Juni bei der Sicherung von Transporten sogenannter Sicherheitshäftlinge in israelische Haftanstalten »schwere Gewalt gegen die ihm anvertrauten Gefangenen« angewendet zu haben.

dpa/ZLV