Kaleidoskop26. August 2025

Steinsicheln für die Getreideernte

von dpa/ZLV

Beijing – Mit der Domestizierung von Pflanzen, einem Meilenstein in der Geschichte der Menschheit, entstand vor mehr als 10.000 Jahren in Vorderasien die Landwirtschaft. Nun deutet eine Studie darauf hin, daß schon damals ausgeklügelte Formen der Pflanzennutzung weitverbreitet waren – mindestens bis in entlegene Teile Zentralasiens.

Demnach ernteten Menschen im Süden des heutigen Usbekistan vor 9.200 Jahren mit Steinsicheln wilde Vorläufer von Gerste. Zudem fand das Forscherteam um Xinying Zhou von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Beijing dort auch den bislang frühesten Nachweis für die Nutzung von Pistazien und Äpfeln, berichtet es in den »Proceedings« der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften.

Generell lassen sich die Ursprünge vieler Nutzpflanzen wie Weizen, Gerste und Hülsenfrüchte auf den sogenannten Fruchtbaren Halbmond zurückführen – das Gebiet reicht vom heutigen Palästina und Libanon über Jordanien bis in die Türkei, nach Syrien und Irak. Nun zeigen die Ausgrabungen aus der Toda-Höhle im Tal von Surkhandarya in Usbekistan, daß die Ernte von Wildgetreide viel weiter verbreitet war als bislang angenommen.

Denn dort – Tausende von Kilometern nordöstlich des Fruchtbaren Halbmonds etwa auf der Breite von Athen gelegen – fand das Team Werkzeuge aus Stein, Holzkohle und Pflanzenreste.

Die Pflanzenreste waren demnach Überbleibsel von Wildtypen unter anderem von Gerste, Pistazien, Äpfeln und Ölweiden. Zum Zerschneiden der Pflanzen benutzten die Menschen demnach Klingen, die überwiegend aus Kalkstein gefertigt wurden. Die Analysen der Pflanzen deuten auch darauf hin, daß diese Region, die heute im Regenschatten des Pamir-Gebirges liegt und sehr trocken ist, damals ein feuchteres Klima hatte, was die Nutzung von Pflanzen begünstigte.

»Diese frühen Jäger und Sammler waren bereits mit den kulturellen Praktiken verbunden, die zu den Ursprüngen der Landwirtschaft führten«, erläuterte Co-Autor Robert Spengler vom deutschen Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena, der die archäobotanischen Untersuchungen leitete. »Immer mehr Forschungsergebnisse deuten darauf hin, daß die Domestizierung ohne bewußte Absicht des Menschen erfolgte. Die Entdeckung, daß die Menschen kontinuierlich Verhaltensweisen entwickelten, die zur Landwirtschaft führten, stützt diese Ansicht.« Domestizierte Formen von Gerste wurden in der Region der Studie zufolge erst vor etwa 8.000 Jahren eingeführt, aus dem Gebiet des heutigen Iran.