Ausland08. November 2023

Portugals Premier Costa tritt zurück

von dpa/ZLV

Der sozialdemokratische portugiesische Premier António Costa tritt zurück. Grund ist eine Korruptionsuntersuchung. In einer landesweit im Fernsehen übertragenen Ansprache sagte Costa am Dienstag, er habe »ein reines Gewissen«, werde aber nicht mehr für das Amt des portugiesischen Regierungschefs kandidieren. Ein Premier müsse über jeglichen Verdacht erhaben sein. »Unter diesen Umständen« habe er »natürlich seinen Rücktritt eingereicht«. Er sei bereit, mit der Justiz zu kooperieren.

Die Polizei hatte zuvor Costas Residenz sowie zwei Ministerien und andere Gebäude durchsucht. Medienberichten zufolge wurden fünf Personen festgenommen, darunter Costas Kabinettschef Vítor Escaría. Es gehe um den Verdacht illegaler Praktiken wie Bestechlichkeit und Vorteilsannahme bei der Vergabe von Konzessionen zum Lithiumabbau in Montalegre sowie der Produktion sogenannten Grünen Wasserstoffs bei der Stadt Sines. Das berichteten die Nachrichtenagentur Lusa, der Fernsehsender RTP sowie andere portugiesische Medien unter Berufung auf Behördenkreise.

Bei den Festgenommenen handle es sich neben dem Kabinettschef um den einflußreichen Unternehmer Diogo Lacerda und den Bürgermeister von Sines, Nuno Mascarenhas, sowie zwei weitere Geschäftsleute, berichteten RTP und Lusa weiter. Insgesamt seien 40 Wohnungen und Büros durchsucht worden, darunter die Ministerien für Infrastruktur und Umwelt. Was genau den Festgenommenen vorgeworfen wird, wurde zunächst nicht bekannt.

Aus der Opposition waren bereits nach den Durchsuchungen Rücktrittsforderungen lautgeworden. Costa sagte daraufhin alle Termine für Dienstag ab und traf sich umgehend mit Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa, berichteten Lusa und RTP. Infrastrukturminister Joao Galamba und Umweltminister Duarte Cordeiro sowie dessen Vorgänger im Amt, João Pedro Matos Fernandes, würden als Verdächtige geführt.

In der Region Montalegre im äußersten Norden Portugals werden die größten Lithiumvorkommen Europas vermutet, die trotz großen Widerstands in der Lokalbevölkerung abgebaut werden sollen. Das Metall ist wichtig für die Produktion von Batterien. Bei der Stadt Sines im Süden der Hauptstadt Lissabon soll in einem 2021 stillgelegten Kohlekraftwerk künftig unter Einsatz erneuerbarer Energien »Grüner« Wasserstoff produziert werden. Beide Projekte sind wichtige Bausteine für Portugals Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe.