Luxemburg27. April 2020

Erzbistum verkauft Verlagshaus Saint-Paul an belgischen Medienkonzern

Der belgisch-niederländische Medienkonzern Mediahuis kündigte am Montag an, er habe das Luxemburger Verlagshaus Saint-Paul zu 100 Prozent gekauft.

Die Aktiengesellschaft Saint-Paul war bisher im Besitz der Gesellschaft Lafayette, deren einziger Aktionär das Erzbistum Luxemburg der katholischen Amtskirche ist. Lafayette verwaltet den gesamten Besitz des Erzbi­stums.

Flaggschiff des Verlagshauses Saint-Paul ist die Tageszeitung »Luxemburger Wort«. Weitere Verlagstitel sind unter anderem das Wochenmagazin/die Programmzeitschrift »Télécran«, das Automagazin »AutoMoto«, die Wochenzeitung in portugiesischer Sprache »Contacto«, das Radioprogramm in portugiesischer Sprache »Radio Latina«, die Werbeagentur »Régie.lu« und die kostenlose Wochenzeitung »für konsumfreudige Familien« »Imail News« (zusammen mit dem Postunternehmen).

In der katholischen Amtskirche, die nach der teilweisen Trennung von Staat und Kirchen umdenken musste, hat sich offenbar die Ansicht durchgesetzt, dass die Her­ausgabe einer Tageszeitung und weiterer Presseprodukte nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört.

Erleichtert wurde diese Entscheidung durch die desolate Entwicklung im Druckerei- und Pressewesen, die dazu führte, dass das Verlagshaus Saint-Paul wiederholt Aktivitäten einschränken und Beschäftigte abbauen musste.

Allerdings hat das Erzbi­stum beim neuen Inhaber erreicht, dass der Vorsitzende des Verwaltungsrats (François Pauly), der Generaldirektor (Paul Peckels) und die Chefredaktion des »Luxemburger Wort« (Roland Arens, Claude Feyereisen und Marc Schlammes) ihre Arbeit fortsetzen werden, und dass die bisherige redaktionelle Linie des »Luxemburger Wort« und der anderen Presseprodukte beibehalten werden kann.
Sichergestellt wurde auch, dass die religiösen Themen und die Propaganda für die katholische Amtskirche auch in Zukunft nicht zu kurz kommen werden.

Für welchen Preis Saint-Paul verkauft wurde, wurde nicht mitgeteilt, allerdings darf man davon ausgehen, dass es mehr als 30 Silberlinge waren, denn parallel zu dem Verkauf durfte Lafayette eine kleine Beteilung an Mediahuis erwerben.

In der am Montag veröffentlichten Mitteilung kündigte Mediahuis an, man wolle zusammen mit der Direktion von Saint-Paul den digitalen Wandel des Verlagshauses vorantreiben. Einzelheiten und Auswirkungen dieser Strategie wurden nicht genannt.
Mediahuis selbst ist im Besitz von drei Aktiengesellschaften, in denen viele reiche flämische und niederländische Familien Aktien halten. Der Medienkonzern kontrolliert unter anderem die Zeitungen »Het Nieuwsblad«, »De Standaard«, »Gazet van Antwerpen« und »Het Belang van Limburg« in Flandern, »NRC Handelsblad«, »De Telegraaf«, »Noordhollands Dagblad«, und »De Limburger« in den Niederlanden und seit diesem Jahr auch die irische Tageszeitung »Irish Independent«.

Der Verkauf von Saint-Paul an Mediahuis ist ein (weiteres) Beispiel für die Medienkonzentration in den Ländern der Europäischen Union, aber auch dafür, dass ausländisches Kapital, das hierzulande seit langem praktisch eine Monopolstellung in den audio-visuellen Medien hat, nun auch zunehmend die Print-Medien in Luxemburg erobert.

A.R.

Mediahuis ist im Besitz von Aktiengesellschaften, in denen viele reiche flämische und niederländische Familien Aktien halten (Foto: LW)