»Modernisierung« des Arbeitsrechts durch »Geiselnahme« verhindert?
Gab es während der letzten Wochen eine Geiselnahme in Luxemburg, die so geheim ablief, dass weder die Sicherheitskräfte noch die Öffentlichkeit davon Kenntnis hatten?
Schenkt man den Aussagen des Präsidenten der Dachorganisation des Patronats UEL Glauben, die er gegenüber einem Radiosender machte, dann erfolgte tatsächlich ein solches Kidnapping, als die Gewerkschaften OGBL und LCGB die Regierungs- und die Patronatsvertreter während der Dreierrunde im Staatsministerium »als Geiseln« nahmen, um eine »Modernisierung« des Arbeitsrechts zu verhindern.
Erschwerend kam hinzu, dass – wie das in drittklassigen amerikanischen Filmproduktionen über Geiselnahmen die Regel ist – Pizza während der abendfüllenden Veranstaltung geliefert wurde, die dem »Patron des patrons« schwer im Magen gelegen haben soll.
Doch Spaß beiseite. Die Schaffenden haben es alles andere als lustig empfunden, als die CSV/DP-Regierung im Klasseninteresse des Patronats das Arbeitsrecht so »modernisieren« wollte, dass das Exklusivrecht der Gewerkschaften bei der Aushandlung und der Unterzeichnung von Kollektivverträgen abgeschafft worden wäre.
Deutlich haben sie das gemacht, indem sie dem Aufruf der Gewerkschaftsfront von OGBL und LCGB nachkamen und 28. Juni zu 25.000 auf die Straße gingen, um das bestehende Arbeitsrecht und ihre sozialen Errungenschaften zu verteidigen. Ohne diese machtvolle Demonstration hätte die Regierung wohl nicht so schnell einen Rückzieher gemacht, zu dem sie sich geradezu gezwungen sah, um ihr eigenes Fortbestehen nicht in Gefahr zu bringen.
Dass sie sich nun vom Vertreter des Patronats den Vorwurf gefallen lassen muss, »nach nur einem Tag umgekippt zu sein«, ist ein Indiz dafür, dass die beabsichtigte Einschränkung der Rechte der Gewerkschaften und die auf den Instanzenweg gebrachten Gesetzesprojekte über die Ausweitung der Sonntagsarbeit und über die völlige Liberalisierung der Arbeitszeiten im Einzelhandel und im Lebensmittelhandwerk mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit dem Patronat abgesprochen waren, um eben die »Modernisierung« genannte Verschlechterung des Arbeitsrechts durchzuboxen.
Noch ist die Gefahr nicht gebannt, denn es ist nicht auszuschließen, dass Regierung und Patronat neue Geschütze auffahren werden, um auf Umwegen doch noch zu einer »Modernisierung« des Arbeitsrechts« auf Kosten der Schaffenden zu gelangen.
Genau das gilt es gegenwärtig zu verhindern, sei es am Verhandlungstisch durch die Gewerkschaftsvertreter, beziehungsweise durch gewerkschaftliche Aktionen in den Betrieben oder auf der Straße, wenn Verhandlungen dazu nicht ausreichen sollten.
Denn trotz ihrer »Geiselnahme« während der Dreierrunde ist nicht zu erwarten, dass die Patronatsvertreter seither am Stockholm-Syndrom leiden und sich mit den Forderungen ihrer gewerkschaftlichen »Geiselnehmer« solidarisch erklären werden.