Ein Hummer, der auf dem Baum lebt
Prag – Im Zoo der tschechischen Hauptstadt ist neuerdings der extrem seltene Australische Baumhummer heimisch, der über Jahrzehnte als ausgestorben galt. Wie durch ein Wunder entdeckten ihn Forscher auf einer kleinen Insel wieder. Nun kann eines der seltensten Insekten der Welt im Prager Zoo bewundert werden.
Mit seinem Aussehen erinnert Dryococelus australis stark an einen Hummer aus dem Meer, er gehört aber zu den Gespensterschrecken (Phasmatodea). Er ist in der Natur nur auf der abgelegenen Lord-Howe-Inselgruppe in der Tasmansee zwischen Australien und Neuseeland heimisch. Ausgewachsene Exemplare dieser Art werden bis zu 15 Zentimeter lang. Die neue Prager Ausstellung mit den Baumhummern öffnete am Samstag ihre Türen für Besucher.
Der Baumhummer galt fast acht Jahrzehnte lang als ausgestorben. Mit einem gestrandeten Schiff waren 1918 Ratten auf die Lord-Howe-Inselgruppe gekommen und hatten die Insektenart, wie es schien, komplett aufgefressen. Doch wie durch ein Wunder entdeckten Forscher Anfang der 2000er Jahre einige überlebende Exemplare auf der mehr als 500 Meter aus dem Meer ragenden Felsinsel »Ball's Pyramid«.
Für Zoodirektor Miroslav Bobek geht mit dem Neuzugang in Prag ein Wunsch in Erfüllung. Doch zuerst mußte er die mehr als 16.000 Kilometer weite Reise zur Lord-Howe-Inselgruppe auf sich nehmen. Der Grund: Die Inselbewohner mußten ihre Zustimmung geben, wie der frühere Journalist berichtet. Es gelang ihm, sie zu überzeugen.
Den Grundstein für das neue Aufzuchtprogramm in Prag legten dann nicht etwa ausgewachsene Insekten, sondern rund 400 Eier aus dem Zoo in Melbourne. »Das reicht – und die Eier sind viel einfacher und sicherer zu transportieren«, sagte Bobek. Als mühsam stellte sich indes heraus, im europäischen Klima die richtige Nahrung für die Krabbeltierchen zu finden. Manches habe den Insekten nicht geschmeckt, anderes sei ihnen nicht bekommen, hieß es. Eine neue Lieblingsspeise: der Großblättrige Feigenbaum.
Die Baumhummer sind zu Beginn ihres Lebens leuchtend grün und tagaktiv, werden aber später schwarz-braun und nachtaktiv. Wer die seltenen Tierchen in Prag ganz nah sehen will, sollte gegen Aufpreis eine Führung buchen, die jeden Tag um 14.30 Uhr angeboten wird.