Militär sichert Italiens Öl- und Gas-Ressourcen
Frühere Kolonie Libyen an erster Stelle im Fokus
Vornehmlich in Gebieten, die bis zum Zweiten Weltkrieg Kolonien waren, aber nicht nur dort, sichert Italien sich mit militärischer Gewalt Öl- und Gas-Resourcen. Das hat die linke Zeitung »Manifesto« am Freitag vergangener Woche auf der Grundlage eines Greenpeace-Berichts über »Die Sirenen von Öl und Gas im Zeitalter der Klimakrise« enthüllt. Laut dem Report belaufen sich 64 Prozent der italienischen Militärausgaben für Einsätze zur Sicherung fossiler Brennstoffe. Insgesamt wurden allein 2021 fast 800 Millionen Euro und in den letzten vier Jahren gut 2,4 Milliarden Euro für diese Militäreinsätze ausgegeben.
Im Fokus des Krieges um fossile Rohstoffe steht vor allem Libyen, seit Beginn der Eroberung 1912, bei der 14.800 Araber massakriert wurden, bis 1943 italienische Kolonie. Hier bildet die italienische Kriegsmarine nicht nur die libysche Küstenwache zur Flüchtlingsabwehr aus, sondern sichert unter dem Deckmantel der »Safe-Sea-Operation« vor der libyschen Küste vor allem die Sicherheit der Plattformen des Energiekonzerns für Kohlenwasserstoffe Ente Nazionale Idrocarburi (ENI) in internationalen Gewässern.
Der sozialdemokratische Armeeminister Lorenzo Guerini (PD) habe in seinem aktuellen Bericht über den Stand der Ausgaben die Priorität des Militäreinsatzes in Libyen bestätigt und eingeräumt, daß viele militärische Einsätze »mit dem Schutz fossiler Energiequellen« verbunden sind. Das beziehe sich auch auf den Irak, wo ohne militärische Sicherung »unsere Energiesicherheit gefährdet würde« und ein »Zusammenbruch« drohen würde. Und das betreffe, so der Minister, auch das östliche Mittelmeer, wo »unsere regelmäßigere Präsenz« ebenso erforderlich sei, da »die Möglichkeit der Ausbeutung von Energieressourcen stark durch den anhaltenden Streit über Seegrenzen bedingt« wird.
Das Terrain der militärischen Operationen Italiens erstrecke sich weiter auf Gebiete wie den Golf von Aden und der Straße von Hormus (im Gebiet der früheren Kolonien Eritrea und Somalia), die für »unsere Öl- und Gasimporte« als von strategischer Bedeutung angesehen werden. Italienisches Militär sei auch an der Gabinia-Operation (gegen See-Piraterie) im Golf von Guinea beteiligt und werde demnächst auch am EU-Einsatz in der Provinz Cabo Delgado (Mosambik) teilnehmen, wo durch die Auseinandersetzungen mit Terroristen laut Minister Guerini »Unterbrechungen« bei der Förderung von Rohstoffen drohten.
»Manifesto« verweist darauf, daß in dem Greenpeace-Bericht auch die Militäreinsätze der NATO, der Europäischen Union, Spaniens und Deutschlands angeführt werden und eingeschätzt wird, daß etwa zwei Drittel der Militäroperationen der EU zur Sicherung von Erkundung, Förderung und Importen von Gas und Öl verwendet werden. Laut dem Bericht haben in den letzten vier Jahren Italien, Spanien und Deutschland mehr als 4 Milliarden Euro für die militärische Sicherung ihrer Öl- und Gasinteressen ausgegeben. Während die globale Erwärmung heute die größte Bedrohung für die Menschheit darstelle, heizten die Gas- und Ölkonzerne die Klimakrise durch die Ausbeutung fossiler Brennstoffe weiter an, betont Greenpeace.
Das »Manifesto« zitiert einen Bericht des »Europa-Mittelmeer-Zentrums für Klimaänderungen«, laut dem in Italien von 1999 bis 2018 die Zunahme extremer Wetterrisiken auf etwa 9 Prozent geschätzt wird. Der Bericht verweise auf die von Italien auf der UNO-Klimakonferenz COP26 in Glasgow unterzeichnete »Erklärung zur internationalen öffentlichen Unterstützung für den Übergang zu sauberer Energie«, und fordert die Regierung Draghi auf, »die militärische Sicherung fossiler Brennstoffe, dessen verheerende Auswirkungen auf die Klimakrise seit langem wissenschaftlich belegt sind, unverzüglich einzustellen«. Die Energiebedürfnisse sollten durch Investitionen in erneuerbare Energien gesichert werden.