Leitartikel22. August 2017

Immer rücksichtsloser und arroganter

von

Arroganz und Rücksichtslosigkeit, mit denen das Patronat gegen die arbeitenden Menschen vorgeht, hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Eine der Folgen davon ist, dass Verhandlungen zur Erneuerung von Kollektivverträgen immer häufiger in der Sackgasse landen, und/oder bestehende Kollektivverträge einseitig von Patronatsseite aufgekündigt werden.

Alles was die Finanzen des Betriebs belastet, möchten die Unternehmer aus der Welt geschafft sehen. Sie drücken bei Lohnfragen nicht nur immer fester aufs Bremspedal, auch fordern sie, dass die in Jahrzehnten von der Arbeiterklasse erkämpften Errungenschaften reihenweise gestrichen werden. Dies mit der Erklärung, Lohnaufbesserungen, Prämien und sonstige »Extras« würden die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gefährden.

Mit dem Ziel, die Gewinne der Unternehmer zu maximieren, gilt heute in allen Wirtschaftssektoren die Parole »mehr Arbeit für weniger Lohn«. Am effektivsten ist dies über eine Reduzierung der Lohnmasse zu erreichen. Hierzu sind den Managern alle Mittel recht. Posten werden abgebaut, normale Abgänge nicht mehr eins zu eins ersetzt, entstehende Mehrarbeit auf die Restbelegschaft aufgeteilt, Anfangslöhne gekürzt, Lohntabellen, die an Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit gekoppelt sind, außer Kraft gesetzt, Urlaubstage gekürzt und Prämien, die nicht im Arbeitsrecht festgehalten sind, immer seltener gezahlt werden. Hinzu kommt, dass Mitarbeitern, die im Laufe des Jahres krankgeschrieben sind, die Gratifikation, das Urlaubsgeld oder die Jahresendprämie gekürzt, in manchen Firmen sogar gänzlich vorenthalten wird. Rücksichtsloser geht’s nimmer.

Jedoch nicht nur in punkto Lohnpolitik weht den Schaffenden seit Jahren ein zunehmend schärferer Wind entgegen. Auch die Arbeitsbedingungen haben sich massiv verschlechtert. Und dies in vielerlei Hinsichten: zunehmende Flexibilisierung, ständig wachsende Deregulierung der Arbeitszeitorganisation, längere Arbeitszeiten, weniger Ruhepausen, zunehmende Sonn- und Feiertagsarbeit, Defizite im Bereich der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz.

So nehmen seit Jahren die Beschwerden zu, dass Arbeitern immer wieder ein Überschreiten der legalen Tages- und Wochenarbeitszeit aufgezwungen wird, ohne dass den Betroffenen die hierfür geschuldeten Prämien gezahlt werden.
Verstöße dieser Art gibt es allerdings nicht nur in Betrieben, in denen es weder einen Kollektivvertrag, noch eine gewerkschaftliche Vertretung gibt. Auch aus großen Firmen hört man, dass von Patronatsseite Arbeitsrecht und kollektivvertragliche Abmachungen immer häufiger missachtet werden. Wer sich dagegen zu wehren versucht, dem wird nicht selten mit dem Verlust des Arbeitsplatzes gedroht. Mit dem Resultat, dass die arrogante und rücksichtslose Vorgehensweise des Patronats bei den Schaffenden immer seltener auf Widerstand stößt. Statt sich zu wehren, resignieren sie. Die Verschlechterungen nehmen sie somit zunehmend widerstandslos in Kauf.

Damit muss Schluss sein. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!

gilbert simonelli