Luxemburg21. September 2021

Volkszählung »in hybrider Form«

Zensus 2021 dürfe der letzte werden. Nur wer nicht vom 8. bis 28. November online antwortet, bekommt bis zum 5. Dezember Besuch vom Volkszähler

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Während immer mehr europäische Länder wie z.B. Österreich dem jahrzehntealten skandinavischen Beispiel folgen und dank registerbasierter statistischer Erhebungen ohne jegliche Befragung auskommen, findet in Luxemburg zwischen dem 8. November und dem 5. Dezember nach zehn Jahren wieder eine Volkszählung nach dem traditionellen Model – wenn auch dieses Mal »in hybrider Form« – statt: Nur wer nicht zwischen dem 8. und dem 28. November online unter Verwendung eines per Post erhaltenen Zugangscodes antworte, müsse sich mit einem schriftlich auszufüllenden Fragebogen herumplagen und bekomme zwischen dem 22. November und dem 5. Dezember Besuch von einem der rund 4.000 von den Gemeinden gestellten Volkszählern, hieß es am Montag auf einer Pressekonferenz von Wirtschaftsminister Franz Fayot, Statec-Direktor Serge Allegrezza und SYVICOL-Vizepräsident Serge Hoffmann.

Erhoben werden persönliche Daten wie Wohnort, Geschlecht, Alter, Familienstand, Wohnsituation, Staatsangehörigkeit, gegebenenfalls Einbürgerung und die im Alltag gesprochenen Sprachen, von denen sich der Statec, Verwaltungen und Verbände Erkenntnisse über die Gesamtbevölkerung, die Haushalte und die Kernfamilien versprechen. Hinzu kommen Informationen über den Bildungsstand und die Berufstätigkeit der Haushaltsmitglieder, ihre bevorzugte Fortbewegungsart sowie (auf Veranlassung des Familienministeriums) erstmals auch Fragen über eine mögliche Behinderung. Die Fragen zur Wohnsituation zielen unter anderem auf die Art der Unterkunft, die Zahl ihrer Bewohner, die Nutzfläche und das Baujahr ab.

Minister Fayot betonte, es sei »Bürgerpflicht«, am Zensus teilzunehmen, ließ aber durchblicken, daß (dem Gesetz nach mögliche) Geldstrafen für Zensusverweigerer wohl genausowenig eingefordert werden wie Strafen für die Mißachtungen der Wahlpflicht. »Die Volkszählung ist etwas, das der Allgemeinheit hilft, dem Statec hilft, ordentliche Statistiken zu produzieren, und danach der Politik zugutekommt, um besser und faktenbasierter politisch tätig sein zu können«, appellierte Minister Fayot. Die Gemeinden spielten eine zentrale Rolle beim Zensus, weil sie »die besten Kenntnisse über ihre Einwohner« hätten. Auch SYVICOL-Vizepräsident Hoffmann rief zur Teilnahme auf und verwies auf das in Luxemburg »nicht seltene Phänomen«, daß Ausländer das Land wieder verlassen, ohne sich bei ihrer Gemeinde abzumelden.

Die voraussichtlichen Kosten des zweimal pandemiebedingt verschobenen Zensus 2021 wurden mit rund 5,35 Millionen Euro angegeben. Bei geschätzt 280.000 Haushalten mit zusammen 645.000 Personen seien das nur 8,30 Euro pro Person. Betont wurde, daß Namen, Identifikationsnummern und genaue Adressen nur der Kontrolle dienten und nach dieser vom Statec gelöscht bzw. vom Fragebogen abgeschnitten würden.

Der Whistleblower Edward Snowden hat übrigens darauf hingewiesen, daß die Massenüberwachung in Zeiten, in denen Staaten und private, meist US-amerikanische IT-Konzerne in der Lage sind, das gesamte Internet zu kontrollieren und auch zu speichern, »eine nie endende Volkszählung und sehr viel gefährlicher (ist) als jeder Fragebogen, den man im Briefkasten findet«. Alle elektronischen Geräte, so Snowden weiter, seien »Volkszähler in Miniaturausgabe«, die anders als der von der Gemeinde geschickte »nichts vergessen und nichts vergeben«.