Leitartikel05. September 2025

Jugend in der EU zwischen sozialer Unsicherheit und Kriegspflicht

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In einer rezent veröffentlichten Eurofund-Studie wird erklärt, daß aufgrund mangelnder psychischer Gesundheit die EU im Jahr 2021 insgesamt 11,1 Millionen Lebensjahre verloren habe oder Betroffene mit Behinderungen im Alltag leben müßten, zwei Drittel davon aufgrund von Depressionen und Angstzuständen. Nach einem zwischenzeitlich dramatischen Rückgang seien die Selbstmordraten wieder angestiegen – insbesondere bei Frauen unter 20 und Männern über 85 Jahren. Bei den 15- bis 29-Jährigen in der EU ist demnach Suizid die häufigste Todesursache (18,9% im Jahr 2021), gefolgt von Verkehrsunfällen (16,5%). Die Suizidraten seien zuletzt wieder deutlich gestiegen.

Die Jugend in der EU ist mittlerweile mit einem Cocktail aus wirtschaftlicher und sozialer Unsicherheit sowie immer deutlicher auch mit Kriegsangst konfrontiert. Faktoren, die durch Unsicherheiten in Bezug auf psychische Gesundheit, politische Beteiligung und die Zukunft des Planeten verstärkt werden. Für viele junge Menschen ist der Klimawandel eine der größten Bedrohungen für ihre Zukunft, und sie sind auch bereit, sich für den Klimaschutz zu engagieren, während gleichzeitig immer mehr konservativ-rechte Regierungen in der EU den Kampf ums Klima stoppen, um entweder ihren Spezis aus der Wirtschaft oder aber eigenen Verschwörungstheorien zu dienen. Allenthalben werden nun wieder, Randgruppen bedrängend, traditionelle Familienwerte gepredigt, allein wenn es um die Interessen der jungen Nachfolgegenerationen geht, scheint die Taubheit der politisch verantwortlichen für die Sorgen dieser Familiennachkommen unermeßlich.

Viele junge Menschen fühlen sich deshalb auch, wen wundert es, weder durch das jeweilige nationale noch durch das EU-Parlament noch ausreichend repräsentiert. Vorherrschend ist ein allgemeines Gefühl, daß die EU sich zu sehr mit Kleinigkeiten beschäftige und die wichtigen Dinge vernachlässige. Dazu kommt die Sorge über die Demokratie in der EU angesichts zunehmender rechter bis faschistischer Tendenzen

Doch als wenn Jugendarbeitslosigkeit, immer schlechter bezahlte und zunehmend unsichere Jobs, eine schier unendliche Wohnungskrise, Schleifung des Sozialstaates mit Aussicht auf Schuften bis zum Tode noch keine ausreichend negativen Zukunftsaussichten wären für die abschätzig »GenZ« genannte Jugend, der in regelmäßigen Abständen populistisch immer wieder Arbeitsscheu, Faulheit oder Desinteresse vorgeworfen wird, scheint man sich in den jeweiligen Hauptstädten der EU-Mitgliedstaaten und auch in Brüssel in einer Sache ganz sicher zu sein: Die Jugend wird plötzlich ganz wichtig, wenn es darum geht, aus jungen Schul- und Uni-Absolventen Kanonenfutter zu rekrutieren, um es für geostrategische Interessen verheizen zu können. Das würde beiläufig ja auch viele künftige Rentner einsparen. Eine »win/--«-Situation für die herrschende Politik. Kaum zu glauben, wie man als junger Mensch in der EU dieser Tage nicht gut gelaunt am Morgen aufstehen kann. Plötzlich gibt es ja doch etwas, was die Jugend kann. Daß der Widerstand gegen das militärische Verpflichten unter jungen Menschen wächst, wird man ihnen von Seiten der politischen Entscheider, die im Ernstfall nicht an die Front müßten, vermutlich auch wieder nur als Faulheit ankreiden.