Armeeministerin rudert zurück
Wenn schon kein obligatorischer Militärdienst, dann zumindest eine Reservearmee?
Nach Beginn der Kampagne der KPL gegen die Wiedereinführung eines obligatorischen Militärdienstes hatten gleich mehrere politische Parteien – LSAP, Grüne, ADR und déi Lenk – deutlich gemacht, dass sie die Einführung eines solchen Wehrdienstes ablehnen würden.
Dass die KPL beschloss, eine Kampagne gegen den Militärdienst zu starten, ist darauf zurückzuführen, dass Armeeministerin Yuriko Backes angekündigt hatte, es sei notwendig über die Einführung eines obligatorischen Militärdienstes zu diskutieren, auch wenn sie dazu kein Mandat habe. Armeegeneral Thull war gleich Feuer und Flamme und versprach, die Wehrpflicht werde dazu beitragen, Luxemburg mehr »Resilienz« (Widerstandskraft) zu verleihen.
Die Armeeministerin gab allerdings auch zu, dass von einem obligatorischen Militärdienst im Koalitionsabkommen von CSV und DP, in dem Rekordausgaben für die Aufrüstung der Armee und der NATO angekündigt wurden, keine Rede war.
War das Vorpreschen der Armeeministerin nur ein Versuchsballon, oder wurde sie vom Koalitionspartner zurückgepfiffen, weil darin eine Steilvorlage für die Rüstungsgegner und Friedensfreunde erkannt wurde?
Jedenfalls ruderte Frau Backes inzwischen zurück, indem sie mitteilte, das mit dem obligatorischen Militärdienst sei gar nicht so gemeint gewesen, und selbstverständlich werde hierzulande niemand gezwungen am Wehrdienst teilzunehmen.
Die Armeeministerin weiß natürlich auch, dass große Teile der Luxemburger Jugend keinen Bock haben, sich als Kanonenfutter drillen zu lassen, was sich unter anderem daran zeigt, dass die Armee bis heute nicht in der Lage ist das ihr zustehende Kontingent an Soldaten zu erfüllen.
Gleichzeitig mit ihrem Rückzieher ließ die Armeeministerin die lieben Radiozuhörer am 2. Dezember dieses Jahres wissen, sie könne sich sehr gut vorstellen, »eine Reserve aufzubauen« also eine Reservearmee aus Freiwilligen, denn es gehe darum »die Demokratie zu verteidigen«, denn wir seien einer »wirklichen Bedrohung« ausgesetzt.
Die USA forderten bereits in den 1980er Jahren eine Reservearmee von Luxemburg
Die Idee einer Reservearmee ist so neu nicht, denn bereits Ende der 1980er Jahren, hatte die damalige CSV/LSAP-Regierung Pläne für eine solche Reservearmee von mehrere tausend Mann fertig in der Schublade liegen, nachdem die USA wiederholt dazu gedrängt hatten.
Anläßlich einer Pressekonferenz am 8. Dezember 1987 in Luxemburg hatte dann der NATO-Oberbefehlshaber für Europa, US-General John R. Galvin, nicht nur Luxemburg, für den Bau von zwei Militärlagern der NATO (in Düdelingen) und der USA (in Sanem) gelobt, sondern die Regierung ein weiteres Mal aufgefordert, eine solche Reservearmee zu schaffen, welche von Berufs-Offizieren und -Unteroffizieren angeführt würde. In ihren Aufgabenbereich sollten unter anderem »im Ernstfall« die Bewachung von strategisch wichtigen Einrichtungen hierzulande fallen sowie weitere territoriale Aufgaben, sollte die Luxemburger NATO-Armee im Ausland Krieg spielen.
Der Dringlichkeitsfrage, die der KPL-Abgeordnete René Urbany am 10. Dezember 1987 zur Reservearmee stellte, erkannte Kammerpräsident Léon Bollendorf (CSV) die Dringlichkeit ab, aber Armeeminister Marc Fischbach (CSV) erklärte wenige Tage später gegenüber einer ausländischen Zeitung, während der laufenden Legislaturperiode werde keine Reservearmee geschaffen, aber er mache sich ernsthafte Gedanken darüber, ob man nicht zu einem späteren Zeitpunkt »Homeguards« (Heimwächter) einführen müsse.
Zwei Jahre später erklärte der frühere Staatsekretär Maurice Thoss für die LSAP, die zuvor als Regierungspartei allen Rüstungsschandtaten zugestimmt hatte und sich 1981 bin der Opposition befand, »die Wiedereinführung des obligatorischen Militärdienstes gewissermaßen auf kaltem Weg über eine Reservearmee komme überhaupt nicht in Frage« (»revue«, 8/1981).