Schöne neue Weltordnung
Als Donald Trump am Sonntag die Chefin der EU-Kommission auf seinem extraterritorialen Reich in Schottland antreten ließ, wurde vor allem eines klar: Die Länder des Westens, die sich in der Europäischen Union zusammengeschlossen haben, und die nicht müde werden zu betonen, wie sehr sie mit ihrer »regelbasierten Ordnung« für ihre »Werte« eintreten, haben sämtliche Masken verloren. Die »Regel« in dieser schönen neuen Weltordnung besteht darin, daß irgendjemand eine Regel aufstellt, die jederzeit durch eine neue Regel ersetzt werden kann. Bestehen bleibt nur die Grundregel der kapitalistischen Ordnung, die da lautet: Ein Kapitalist unternimmt niemals etwas, von dem er sich keinen Profit erwarten kann.
Die Europäische Union hatte sich vor Jahren in einem ihrer Grundsatzdokumente zum Ziel gesetzt, die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt zu werden. Nicht jeder hat verstanden, daß das gleichzeitig die Erklärung eines Wirtschaftskrieges gegen die USA sein mußte. Ob es Donald Trump verstanden hat, wissen wir nicht, aber er hat mit seiner Politik des »Make America Great Again« seinen eigenen Wirtschaftskrieg erklärt – nicht nur gegen die Europäische Union. In diesem Krieg kann er nun einen entscheidenden Punktsieg verbuchen.
Trotz zornigen Murrens in einigen Hauptstädten und Konzernzentralen hat Frau von der Leyen dem Möchtegern-König der Welt die Kapitulation erklärt. Die Teil-Reduzierung der von Trump angedrohten Zölle ist alles andere als positiv, gar nicht zu reden davon, daß Aluminium- und Stahlexporte in die USA mit 50 Prozent Zollgebühren belastet werden. Die Konsequenzen der Zölle müssen Ökonomen noch errechnen. Fakt ist jedoch, daß die Bürger der EU-Länder und auch die der USA für die Mehrkosten aufkommen werden.
Viel schwerer wiegt, daß sich die EU verpflichtet, für private Investitionen in Höhe von 600 Milliarden Dollar zu sorgen – nicht etwa in den eigenen Ländern, in denen derartige Investitionen möglicherweise viel Nutzen bringen könnten, sondern in den USA. Nicht wenige Unternehmen denken ohnehin schon länger darüber nach, ihre Produktion in die USA zu verlegen. Wie viele Arbeitsplätze in den EU-Ländern dadurch vernichtet werden, können Ökonomen bisher sicher noch nicht errechnen.
Noch schwerer wiegt die Entscheidung, den USA für mindestens 750 Milliarden Dollar fossile Energieträger abzukaufen – zum großen Teil schmutziges Frackinggas, das dann mit Schiffen über den großen Teich ins alte Europa transportiert werden soll. Als die EU entschied, sich von russischem Öl und Gas »unabhängig zu machen«, wurde das vor allem von den Grünen als wichtige Maßnahme für den Klimaschutz gewürdigt. Nun sollen wir für Öl und Gas aus den USA bezahlen, dessen Förderung und Transport nicht nur wesentlich mehr Schaden für das Klima anrichten, sondern auch noch etwa den dreifachen Preis kostet.
Der Kniefall der EU-Chefin in Schottland hat vor allem das Ziel, den Regenten aus Übersee gnädig zu stimmen, für einen gemeinsamen Feldzug gegen gemeinsame Feinde, und das sind nicht nur Rußland und China. Er ist vergleichbar mit dem 800-Milliarden-Programm für die totale Aufrüstung der EU, und er zeigt wieder einmal, daß sich diese Europäische Union einen feuchten Kehricht um das Wohlergehen der Menschen in ihrem Herrschaftsbereich kümmert.
In Schottland hat die schöne neue Weltordnung ihr wahres Gesicht gezeigt.