Ausland01. Juni 2023

»Ein schwarzer Tag« für Italiens Sozialdemokraten

Erneute Niederlage für »Mitte-Links« bei Kommunalwahlen

von Gerhard Feldbauer

Bei der Stichwahl zu den Bürgermeister- und Kommunalratswahlen am Sonntag und Montag hat Italiens »Linke Mitte« erneut eine Niederlage erlitten. Die staatliche Nachrichtenagentur ANSA berichtete, daß von den sechs Provinzhauptstädten und der Regionalhautstadt Ancona in den Marken, in denen gewählt wurde, nur in Vicenza, in dem von der Lega regierten Venetien, der Kandidat des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) Giacomo Possamai mit 50,4 Prozent vorn lag – das waren lediglich rund 500 Stimmen Vorsprung vor dem Amtsinhaber Francesco Rucco von der faschistischen Allianz. Den Einzug ins Amt des Stadtoberhauptes schaffte er, weil es dem PD hier gelungen war, »ein sehr breites Feld aufbauen, das die Sterne-Partei (M5S) und die gemäßigten Sektoren, die die alte Regierung unter Mario Draghi unterstützt hatten, umfaßte«, kommentierte das linke »Il Manifesto« den Erfolg, der dennoch »die Wunden nicht lindert«.

Besonders schwer wiegt die Niederlage in Ancona, der einstigen »roten Hochburg«, die 30 Jahre lang vom PD bzw. dessen Vorläufer, den Linksdemokraten, regiert wurde, Dort entschied der Bewerber von Berlusconis Forza Italia (FI), Daniel Silvetti, mit 51,73 Prozent die Wahl für sich. Dabei hatte PD-Sekretärin Elly Schlein in Ancona den Abschluß des Wahlkampfs ihrer Kandidatin Ida Simonella am Freitag noch einmal persönlich unterstützt.

Auch in Pisa und Siena in der Toskana, wo der PD gehofft hatte, die Rathäuser zurückzuerobern, siegten die Kandidaten der faschistischen Koalition. In Terni in Umbrien gewann der frühere Parteigänger der Forza Italia (FI), der Unternehmer und Chef der von ihm gegründeten sozialliberalen Kleinpartei Movimento Unione Italiano Stefano Bandecchi auf einer »Bürgerliste«.

Es Ist »ein schwarzer Tag für das PD-Haus«, kommentierte »Il Manifesto«, und es sei »kein Trost, daß die Demokratische Partei bei der Listenwahl die erste Partei ist«. Dabei war in der Stichwahl in den meisten Gemeinden »Mitte-Links« in Bündnissen – vor allem von PD und M5S– angetreten, zu denen die links orientierte Elly Schlein, aufgerufen hatte. Es hatte nichts genutzt, daß Schlein damit in der Frage der Bündnispolitik eine regelrechte Kehrtwende vollzogen und über M5S bis zu Kommunisten und sozialen Straßenkomitees das Gespräch gesucht und sich damit entschieden von dem von ihren Vorgängern, zuletzt dem rechten Christdemokraten Enrico Letta, verfolgten arbeiterfeindlichen Kurs distanziert hatte.

Zwar hatte Elly Schlein eingeräumt, nach den von der PD verursachten Fehlern wie dem »Jobs Act«, die zu ihrer Entfremdung von der Arbeitswelt, zur Entfernung von traditionellen Arbeitsorten wie den Fabriken führten, »einiges an Anstrengungen nötig sei, um das Vertrauen der Arbeiter zurückzugewinnen«. Generell hatte sie sich aber optimistisch gezeigt. Auch der Sekretär der Sinistra Italiana (SI), Nicola Fratoianni, hatte »Mitte-Links«-Bündnisse für »wichtig« erklärt, um auf den Angriff der rechten Exekutive von Premierministerin Giorgia Meloni auf die sozialen und Arbeiterrechte zu reagieren. Aber die Zeit von zwei Monaten habe nicht ausgereicht, die in der Bündnispolitik eingeleitete Wende zur Geltung zu bringen, schätzte »Il Manifesto« ein, womit »ein nicht unerhebliches Signal für die nationale politische Balance« geben werde.

In der PD-Zentrale wurde »eine klare Niederlage« eingeräumt, aber gleichzeitig betont, der »Wiederaufbau eines breiten Feldes« bleibe die Aufgabe, die nicht allein vom PD bewältigt werden könnte, was als Signal an M5S zu bewerten ist. Deren Anführer Giuseppe Conte versicherte, diesen Hinweis »nicht zu ignorieren«. »Wir werden weiter die Ärmel hochkrempeln«, sagte er.

Die neue Bündnisstrategie sei auch mit Blick auf den nächsten wichtigen Wahltermin, die Wahl zum EU-Parlament im Juni 2024 zu sehen, betont »Il Manifesto«. Deren Ergebnis werde den Ausschlag geben, wie das von Elly Schlein angekündigte »neue weite Feld aufgebaut werden kann, um die Regierung Meloni zu schlagen«.