Ausland07. März 2023

Macron erprobt in Afrika Frankreichs »neue Außenpolitik«

Bemühungen um Beziehungen zum beiderseitigen Nutzen

von Ralf Klingsieck, Paris

Die fünftägige Afrika-Reise, die Präsident Emmanuel Macron in der vergangenen Woche nach Gabun, Kongo-Brazzaville, Angola und in die Demokratische Republik Kongo geführt hat, zeugte vom Bemühen, die angekündigte »Wende« in Frankreichs Afrika-Politik mit praktischen Beispielen zu untermauern. Daß es sich bei den ersten beiden Ländern um ehemalige französische Kolonien handelt, während das dritte eine portugiesische und das letzte eine belgische Besitzung war, macht das Streben deutlich, Frankreichs Beziehungen zu Afrika nicht nur inhaltlich zu diversifizieren, sondern auch geografisch zu erweitern. So will man auch etwas vom unseligen Françafrique-Ruf und dem Neokolonialismus-Vorwurf abschütteln, der Frankreich in den früheren Kolonien nach wie vor anhaftet und die Beziehungen vergiftet.

In Gabun, wo Frankreich zusammen mit dem Gastland einen Weltgipfel für den Schutz der Naturwälder organisiert hatte, hielt Macron eine Rede, in der er den Klimawandel als eine der größten Bedrohungen der Menschheit bezeichnete. Nach Angaben der UNO seien allein zwischen 2015 und 2020 jährlich zehn Millionen Hektar Wald zerstört worden, betonte er. Durch den Schutz und die Rettung der Wälder und den damit verbundenen Klima- und Artenschutz könnten zu 20-30 Prozent die als Folge des Klimawandels entstandenen Probleme gelöst werden. Für Afrika müsse eine Wirtschaftsentwicklung gefunden werden, die den Schutz der Wälder als globalen CO2-Speicher einschließe. »Länder wie Frankreich, die ihre Wirtschaft hoch entwickelt und viele Waldflächen zerstört haben, können in Afrika nicht Umweltschutz predigen, ohne der Wirtschaft vor Ort eine Perspektive aufzuzeigen und Finanzhilfen zu bieten«, meinte Macron.

In Angola, das nie zu Frankreichs Einflußgebiet gehört hat, unterzeichnete Macron ein Kooperationsabkommen für die Entwicklung der Landwirtschaft. Die ist in Angola völlig unterentwickelt, so daß das Land fast alle Lebensmittel importieren und dafür einen Großteil der Einnahmen aus der Erdölförderung aufwenden muß. Obwohl das Getreideexportland Frankreich dadurch einen Markt verlieren wird, will Macron durch die Vermittlung der Erfahrungen der eigenen Landwirtschaft sowie durch die Entsendung von Agrarwissenschaftlern und moderner Technik helfen, die angolanische Landwirtschaft auf ein international vergleichbar hohes Niveau zu heben. Gleichzeitig werden dadurch die Position des französischen Ölkonzerns TotalEnergies und der Ölexport nach Frankreich langfristig abgesichert. So demonstriert Macron, wie er sich im Rahmen von Frankreichs »neuer Afrika-Politik« Beziehungen zum beiderseitigen Nutzen vorstellt.

Nach einem Kurzbesuch in Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo, überquerte Präsident Macron den Fluß Kongo und begab sich nach Kinshasa, die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. Hier erwartete ihn der diplomatisch schwierigste Teil seiner Reise, denn bei den Gesprächen ging es fast ausschließlich um die Kämpfe im Nordosten des Landes, den die Rebellen der Unabhängigkeitsorganisation M 23 abspalten wollen. Frankreichs Regierung hat die Bereitschaft bekundet, im Konflikt zwischen der kongolesischen Regierung und den Rebellen zu vermitteln und gemeinsam mit anderen Ländern nach einer friedlichen regionalen Lösung zu suchen.

Kompliziert wird das dadurch, daß Macron zwar das Nachbarland Ruanda kritisiert, das nach Einschätzung der UNO die Rebellen bewaffnet hat und weiter unterstützt, er jedoch gleichzeitig die Beziehungen zu Ruanda weiterführen möchte. Die haben sich nach vielen Jahren extremer Spannungen aufgrund der französischen Untätigkeit während des Völkermords von 1994 gerade etwas normalisiert, und das will Macron nicht aufs Spiel setzen.

Wegen dieser Haltung demonstrierten Jugendliche in der kongolesischen Hauptstadt gegen den Macron-Besuch, der mit der Erkenntnis zu Ende ging, daß es wohl doch nicht so leicht ist, Frankreich überall in Afrika als uneigennützigen Partner darzustellen.