Kaleidoskop17. Juni 2025

Expedition sucht Tausende Fässer mit Atommüll im Atlantik

von dpa/ZLV

Paris – Zwischen den 50er und den 80er Jahren sollen mehr als 200.000 Fässer mit Atommüll im Atlantik versenkt worden sein. Eine Expedition sucht jetzt nach ihnen – und will die Folgen der rücksichtslosen Umweltverschmutzung erforschen. Ein Team europäischer Forscher fährt nun in ein Gebiet, in dem etwa die Hälfte des Atommülls vermutet wird. Die genauen Positionen, an denen damals Tausende Fässer mit dem radioaktiven Abfall entsorgt wurden, sind ebenso wie die genaue Anzahl nicht bekannt.

Als in Europa mit der zivilen Nutzung der Atomkraft begonnen wurde, stellte sich für viele Länder auch die Frage nach der Entsorgung der nuklearen Abfälle. Die Tiefen des Ozeans, fernab von der Küste und von menschlicher Aktivität, erschienen damals als billige und einfache Option für die Entsorgung dessen, was in der Industrieentwicklung in Laboren anfiel. Über das Leben in den Weltmeeren wußte man erst wenig. Erst 1993 wurde die Entsorgung von Atommüll im Ozean untersagt.

Wie Projektleiter Patrick Chardon sagte, wurden die Fässer so konzipiert, daß sie dem Druck in der Tiefe des Meeres standhalten – nicht aber so, daß sie die Radioaktivität wirklich einschließen. Der Physiker vermutet, daß schon seit längerem Radioaktivität aus den Behältern entweichen könnte.

Bei dem Projekt wollen die mehr als 20 Wissenschaftler den Fässern auf die Spur kommen, die wohl in 3.000 bis 5.000 Meter Tiefe liegen. Das Suchareal liegt mehr als 1.000 Kilometer westlich vom französischen La Rochelle im Westeuropäischen Becken des Atlantiks. Ziel ist es, die Folgen der Müllentsorgung im Meer neu zu bewerten und zu untersuchen, wie es um das Ökosystem steht. Die Fachleute wollen eine Karte mit Atomfaßfunden erstellen und etliche Proben von Wasser, Boden und Tieren nehmen. Zudem wollen sie ein Referenzgebiet untersuchen, um die Ergebnisse später zu vergleichen.

Unterstützung bekommt das Team dabei von einem autonomen Tauchroboter (Foto), der bis zu 6.000 Meter in die Tiefe sinken kann und über physische und chemische Sensoren sowie eine Kamera für 3D-Bilder und ein Sonarsystem zur Ortung von Gegenständen mit Schall verfügt. Nach der vierwöchigen Reise gehen die gesammelten Proben an verschiedene Labore in Europa. Nach der Auswertung ist eine zweite Ausfahrt geplant, um noch gezielter Proben nehmen zu können.