Luxemburg06. Juni 2023

Kleinklein gegen die Wohnungsnot

Nach Strassen setzt auch die Gemeinde Walferdingen auf Winzighäuser zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums

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Weil echte Alternativen zum kapitalistischen Wahn, aus dem menschlichen Grundbedürfnis nach Wohnraum ein Profitmodell zu machen, den Spekulanten und ihren Sachwaltern in der Regierung und in den kommunalen Schöffenräten ein Graus sind, beläßt man es lieber beim Kleinklein – und bläst das in Wahlkampfzeiten nur ein wenig auf. So auch am Freitag, als der schwarz-grüne Schöffenrat der Gemeinde Walferdingen es dem Strassener aus CSV und LSAP nachmachte und im Beisein des grünen Wohnungsbauministers Henri Kox seinerseits den Bau von acht »Tiny Houses« (Winzighäusern) ankündigte.

Die aus vier vorgefertigten Holzmodulen zusammengesetzten Häuschen mit einer auf zwei Etagen verteilten Nettowohnfläche von lediglich 40 Quadratmetern sollen zusammen mit einem Gemeinschaftshaus in Bereldingen, der größten Ortschaft der Gemeinde Walferdingen, auf einem Grundstück zwischen der Rue Michel Rodange und der Rue des Jardins entstehen und »ab Ende nächsten Jahres« von der Gemeinde »vornehmlich an junge Berufstätige im Alter von 18 bis 32 Jahren« vermietet werden. So jedenfalls der derzeitige Planungsstand des schwarz-grünen Schöffenrats.

In Strassen haben es die Kollegen von CSV und LSAP hingegen nicht geschafft, wenigstens eines der schon im vorletzten Jahr angekündigten Winzighäuser mit einer Nettowohnfläche von sogar nur 25 Quadratmetern bis zu den Gemeindewahlen am kommenden Sonntag bezugsfertig zu haben. Hinzu kommt, daß die »Tiny Houses« in Strassen maximal zehn Jahre stehen sollen, während die Gemeinde Walferdingen für ihr nun präsentiertes Projekt eine Konvention mit einer immerhin 40-jährigen Laufzeit mit dem Wohnungsbauministerium abgeschlossen hat.

Daß man in Strassen nicht so recht zu Potte kommt, hängt allerdings auch damit zusammen, daß das zuständige Innenministerium erst im Mai Mustervorschriften für die Gemeinden zum Aufstellen von »Tiny Houses« auf gesondert ausgewiesenen Freiflächen oder als »Übergangslösung« in brachliegenden Baulücken vorgelegt hat, an denen sich die Gemeindeverantwortlichen orientieren können. Den Mustervorschriften nach dürfen die Winzighäuser maximal eine Wohnfläche von 50 Quadratmetern und kein Fundament haben, ihre Standorte müssen aber an den Kanal, das Trinkwasser- und das Stromnetz sowie an das Internet angeschlossen sein. Insbesondere die Vereinigung ohne Gewinnzweck »Tiny House Community Luxembourg a.s.b.l.«, die laut ihrer aufwendig gestalteten Internetseite rund 90 Mitglieder hat, von denen aber bislang erst drei in einem »Tiny House« wohnen, hatte eine Grundsatzregelung durch das Innenministerium gefordert.

Doch auch mit Winzighäusern wird der eklatante Mangel an bezahlbarem Wohnraum nicht beseitigt werden können. Selbst dann nicht, wenn man wie der christdemokratische niederländische Ressortchef Hugo de Jong bis zum Herbst nächsten Jahres 37.500 davon aufstellen lassen will. Das gilt insbesondere für die »Tiny Houses«, die in Strassen geplant sind, weil sie nur fünf bis zehn Jahre stehen sollen. Und wenn sie gar als Zwischenlösung in brachliegenden Baulücken aufgestellt werden, dann kann ein Spekulant seine Geschäftemacherei mit dem menschlichen Grundbedürfnis nach Wohnraum verschleiern und sogar noch Pacht kassieren, während der Preis für sein Grundstück voraussichtlich munter weiter steigt.