Palantir und die geostrategische Landschaft des 21. Jahrhunderts
Wir kennen die dystopischen Filme, in welchen Konzerne Privatarmeen halten, um Kriege zu führen und ihre Interessen durchzusetzen oder gar die Weltherrschaft an sich zu reißen. Wer im Anschluß mit einem angenehmen Schauern im Bewußtsein, daß es so etwas niemals geben könnte, den Fernseher ausmacht, sollte sich nicht zu sicher sein. Zugegeben: genau solche Szenarien, wird es nicht geben, auch keinen Terminator, der sich eine Sonnenbrille aussucht, aber schon heute schleichen sich Privatunternehmen in die geostrategische Landschaft des 21. Jahrhunderts.
In einer Welt, die zunehmend von Daten angetrieben wird, verschwimmen die Grenzen zwischen Technologie und Geopolitik. Unternehmen, die einst als bloße Softwareanbieter galten, nehmen heute eine zentrale Rolle in der globalen Machtbalance ein. Palantir Technologies ist ein solches Unternehmen. Seine Produkte bergen geostrategische und kriegsrelevante Gefahren.
Die Kernkompetenz des US-Unternehmens liegt in der Fähigkeit, Datenmengen Sinn zu verleihen. Von Satellitenbildern über Finanztransaktionen bis zu sozialen Medien – die Plattformen »Gotham« und »Foundry« können riesige, unstrukturierte Informationen analysieren. Im Kontext der Geostrategie übersetzt sich dies in eine beispiellose Fähigkeit zur Situationsanalyse und zur präzisen Entscheidungsfindung.
Für Militärs bedeutet dies eine optimierte Aufklärung, die Identifizierung von Bedrohungen in Echtzeit und detailliertere Vorbereitung von Operationen, Nachrichtendienste können Netzwerke entschlüsseln. Diese Fähigkeiten machen Palantir zu einem wichtigen Werkzeug im Arsenal der Großmächte und zu einem begehrten Gut für Staaten, die ihre geostrategische Position stärken wollen.
Staaten, die auf Palantirs Software angewiesen sind, begeben sich in technologische Abhängigkeit. Die Kontrolle über sensible nationale Dateninfrastrukturen wird an einen externen Akteur ausgelagert, was die nationale Souveränität untergräbt. Die Frage, wer letztlich die Hoheit über gewonnene Erkenntnisse besitzt, wird zur geostrategischen Herausforderung.
Nicht alle Staaten können sich Palantir leisten. Dies führt zu einer Vertiefung der Kluft zwischen technologisch fortgeschrittenen Nationen und jenen, die es nicht sind. Im Kriegsfall könnten letztere hoffnungslos im Nachteil sein, was die globale Stabilität weiter gefährdet
Die Intransparenz der Palantir-Algorithmen – die sogenannte »Black Box« – ist besonders beunruhigend. Wenn kritische Urteile über Zielauswahl, Bedrohungsbewertung oder Ressourcenverteilung maßgeblich auf algorithmischen Analysen basieren, erschwert dies eine ethische und rechtliche Rechenschaftspflicht. Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Algorithmus eine falsche Empfehlung abgibt, die zu einer Eskalation führen? Palantir Software, insbesondere die Gotham-Plattform, wird bereits jetzt in einzelnen deutschen Bundesländern von Polizeibehörden eingesetzt. Die Nutzung ist umstritten. Das Mißbrauchspotential ist groß. Dazu kommt, daß die Macher Alex Karp und Peter Thiel, vorsichtig gesagt, als »exzentrisch« gelten. Insbesondere Thiel erklärt gerne mal, daß er von Demokratie nicht viel halte.
Sollten sich derartige Entwicklungen ohne eine neutrale, nichtkommerzielle Kontrolle in dieser Form weiter zuspitzen, dürfte es eine Menge Anlaß zur Sorge um Frieden und Freiheit, sollten diese nicht profitabel genug sein.