Durch wirkliche Diplomatie zum Frieden
Wer die Berichte über die zweite Runde der Verhandlungen zwischen Rußland und der Ukraine am Montag dieser Woche in Istanbul verfolgt, könnte zu dem Ergebnis kommen, dort sei absolut nichts passiert. In den westlichen, die Stammtische beherrschenden Medien wird fast vollständig ignoriert, daß in Istanbul von der russischen Verhandlungsdelegation, die übrigens eindeutig aus Diplomaten und Politikern bestand, ein Memorandum, ein fast dreiseitiges Papier mit konkreten Vorstellungen über Wege zu einer friedlichen Lösung des Krieges in der Ukraine vorgelegt wurde.
Dies zu ignorieren, ist auch für die Kollegen der selbsternannten »Leitmedien« durchaus folgerichtig, schließlich wurde von ihnen zumeist auch von »Gesprächen über einen Waffenstillstand« berichtet. Das entspricht dem Narrativ der ukrainischen Führung, die seit Monaten nichts anderes fordert als eine »bedingungslose Waffenruhe«. Welches der vielen drängenden Probleme damit gelöst werden soll, bleibt wohl deren Geheimnis.
Das Memorandum wird zwar zuweilen in den Medien erwähnt, aber niemand scheint sich die Mühe zu machen, den Text auch zu lesen und über die einzelnen Punkte nachzudenken. Das Papier ist kein Vertragsentwurf, sondern eine Diskussionsgrundlage, um in diplomatischen Verhandlungen zu einer dauerhaften Lösung zu gelangen. Daß diese Vorschläge auf der ukrainischen Seite, die fast ausschließlich Militärs aufgeboten hatte, nicht auf Verständnis traf, ist wenig verwunderlich. Nicht verständlich ist allerdings, daß auch in den Medien gezielt der Eindruck erweckt wird, als würde das Papier nicht existieren. Das »Luxemburger Wort« schreibt am Donnerstag sogar vom »offensichtlichen Unwillen Moskaus, über Frieden zu verhandeln«.
Darum hat sich die Redaktion dieser Zeitung dafür entschieden, den Text einfach in einer deutschen Übersetzung wortwörtlich zu veröffentlichen.
Das Memorandum listet konkrete Schritte auf, die normalerweise am Verhandlungstisch diskutiert werden sollten. Eine der wichtigsten Positionen, die aus russischer Sicht nicht verhandelbar sein kann, ist der Verzicht der Ukraine auf Mitgliedschaft in westlichen Militärbündnissen. Das war im Frühjahr 2022 bei den Gesprächen in Istanbul bereits einmal Konsens, seinerzeit sogar formuliert vom ukrainischen Präsidenten mit Rückendeckung seiner Fraktion im ukrainischen Parlament. Das wurde jedoch zu Makulatur, nachdem der damalige britische Premierminister Boris Johnson eiligst nach Kiew reiste, um einen Friedensschluß zu verhindern und zum weiteren Krieg aufzufordern.
Dieses Herangehen wiederholt sich nun, leider nicht als Komödie, sondern eher als Posse, denn nun wird zum Beispiel im hiesigen Tageblatt der ukrainische Präsident mit den Worten zitiert, man müsse »Rußland zur Diplomatie zwingen«. Hat er deshalb seinen Kriegsminister und Offiziere nach Istanbul geschickt? Sollen deshalb noch mehr Waffen in die Ukraine geschickt werden? Sollen zu diesem Zweck immer neue Rüstungsprogramme angekurbelt werden, die immer neue Phantastilliarden kosten – Geld, das für dringend benötigte soziale Projekte nicht vorhanden ist? Sollen wir deshalb alle »kriegstüchtig« gemacht werden?
Wer Frieden will, sollte Diplomaten schicken und Friedenstüchtigkeit propagieren, statt immer wieder zum Krieg zu hetzen und Haß zu schüren.