Leitartikel09. April 2022

Wem der Indexklau nützt und wem er schadet

von Ali Ruckert

Wenn Entscheidungen in so wichtigen Bereichen wie der Kaufkraft getroffen werden, sollte man immer die Frage stellen: »Wem nützt es?«

Auf diese Frage gaben 80.000 Schaffende vor 40 Jahren eine klare Antwort, als sie am 5. April 1982 gegen eine Indexmanipulation streikten. Wenige Tage zuvor, am 27. März 1982, hatten 40.000 Menschen in der Hauptstadt gegen das Austeritätsgesetz manifestiert, mit welchem die Kaufkraft der Schaffenden beschnitten wurde.

Der Abstimmung über das Gesetz, das CSV und DP gegen den Willen der Bevölkerung am 6. April 1982 durchpeitschen wollten, ging am 5. April ein regelrechtes Trauerspiel voraus. Die LSAP-Abgeordneten erklärten wohl, sie würden sich mit den Streikenden solidarisieren, räumten dann aber, ohne den Index zu verteidigen, kampflos das Feld in der Chamber. Blitzschnell erklärten die Abgeordneten von CSV und DP, sie würden auf eine Wortmeldung verzichten, so dass das Austeritätsgesetz im Handumdrehen angenommen wurde, noch bevor die Streikposten vor den Betrieben aufgelöst wurden. Widerstand in der Chamber gegen den Indexklau leisteten damals lediglich die beiden KPL-Abgeordneten Aloyse Bisdorff und René Urbany, sowie der unabhängige Sozialist Jean Gremling.

40 Jahre später ist die LSAP nicht länger auf Manöver angewiesen, denn als Handlanger der neoliberalen DP und der militaristischen Grünen in der Regierung gehört sie zu den Parteien, die den Indexklau vorbereiteten und ausführen werden.

Das ist ein Verrat an den Interessen der Schaffenden, von denen viele an Kaufkraft verlieren werden, da der Verlust nur für einen Teil der Lohnabhängigen durch einen Steuerkredit ersetzt wird, der aus dem Steueraufkommen bezahlt wird. Das heißt, dass die Schaffenden den Steuerkredit auch noch teilweise selbst bezahlen werden.

Andererseits führt die Tripartite-Entscheidung dazu, dass dem Patronat – neben gezielten Energiehilfen in Millionenhöhe – mit Hilfe der Verschiebung von Index-Tranchen deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro mit der Gießkanne geschenkt wird – auch den Banken und anderen Krisengewinnern, die dabei sind, Dividende in Höhe von Hunderten von Millionen an ihre Aktionäre zu verteilen.

Angesichts dieser massiven Umverteilung von unten nach oben ist es sehr bedauerlich, dass die Führungen von LCGB und CGFP, wie bereits 2006, als sie einer Verschiebung von Indextranchen und der Abkopplung des Kindergeldes, der Erziehungszulage und dem Elternurlaub vom Index zustimmten, ein weiteres Mal eine Indexmanipulation zulassen.

Das wird, wenn auch mit Verzögerung, nicht ohne Auswirkungen auf die kleinen Lohnbezieher bleiben, da die Gesamtlohnmasse langsamer wächst, so dass die nächste Anpassung des Mindestlohnes an die Lohnentwicklung niedriger ausfallen wird.

Die Entscheidung der Tripartite nützt eindeutig den Interessen des Kapitals, weil die Umverteilung von unten nach oben, die während der vergangenen Jahre schleichend erfolgte, nun ganz ungeniert mit einem Schlag in noch größerem Umfang vorangetrieben werden kann. Das nennt man Klassenkampf von oben.

Wichtig ist daher, dass die Mobilisierungskampagne, die inzwischen vom OGBL gegen die Index-Manipulation aufgenommen wurde und welche die Kommunisten unterstützen, unter den Lohnabhängigen weit über die Reihen der größten Gewerkschaft Luxemburgs hinaus Gehör findet und sich zu einer mächtigen Welle gegen Indexklau und Sozialabbau entwickelt.