Luxemburg12. Dezember 2024

Niedrige Investitionsquote verschärft Wirtschaftskrise in Luxemburg

von Ali Ruckert

In seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage bestätigt Wirtschaftsminister Lex Delles, dass Luxemburg zu den Ländern in der EU gehört, in denen die Investitionsquote der Betriebe relativ niedrig ist, verglichen mit dem Bruttoinlandprodukt. Der Minister führt das zum Teil darauf zurück, dass Betriebe aus dem Dienstleistungsbereich und insbesondere aus dem Finanzsektor traditionell weniger investieren würden.

In der ersten Konjunkturnote im Jahr 2024 hatte das nationale Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien Statec festgehalten, dass die Investitionsquote in Luxemburg seit 2015 zu den niedrigsten in den Ländern mit Euro-Währung gehört.

Das habe unter anderem damit zu tun, dass der Anteil der kapitalintensiveren Industrie an den Wirtschaftsaktivitäten des Landes tendenziell rückläufig sei. 2007 habe der Anteil der Industrie noch 18 Prozent an der Wertschöpfung und 20 Prozent an den Investitionen betragen. 2023 habe dieser Anteil aber nur noch elf Prozent bei der Wertschöpfung und 13 Prozent bei den Investitionen ausgemacht.

Was der Minister nicht sagt: Auch aber nicht nur in der Industrie fiel auf, dass insbesondre die hierzulande erwirtschafteten Profite von Niederlassungen ausländischer Konzerne zu einem geringeren Teil in Investitionen zum Ausbau von Werken und Produktionslinien flossen, sondern dazu dienten, die Taschen der Aktionäre noch massiver zu füllen.

Auch in der Stahlindustrie, die immer noch das Flaggschiff im Industriebereich ist, wurden vor allem Rationalisierungs- und Modernisierungsinvestitionen getätigt, größere Investitionen in die Ausweitung der Produktionsbetriebe und der Produktionspalette, geschweige denn in neue stahlverarbeitende Betriebe, gab es praktisch keine. Niedriger fielen aber auch die Investitionen in den Transportsektor und den Telekommunikationsbereich aus.

Finanzkapital setzt Industrie- und
Dienstleistungskapital zunehmend unter Druck

Hinzu kam, dass das Industrie- und Dienstleistungskapital – trotz der wachsenden staatlichen Beihilfen aller Art – sich in einem immer größeren Maße den Profiterwartungen des Finanzkapitals beugen muss, so dass ihm teilweise die Grundlage für höhere Investitionen entzogen wird. In anderen Worten: das Finanzkapital trägt dazu bei, dass sich die Wirtschaftskrise in der Realwirtschaft weiter verschärft.

In der Antwort des Ministers heißt es dazu, ohne dass allerdings Bezug auf die Widersprüche im Kapitalismus genommen wird, dass der sehr starke Anstieg der Leitzinsen der Europäischen Zentralbank ab Mitte 2022 die Kreditkosten der Betriebe deutlich erhöhte. Parallel dazu begannen die Banken, die Kreditvergabekriterien strenger zu handhaben.

Der Anstieg der Zinssätze führte zu einer höheren Zinsbelastung für Betriebe, die Kredite zu variablen Zinssätzen aufgenommen hatten. Diese Entwicklung traf die Unternehmen umso heftiger, als während der vergangenen zehn Jahre 95 (!) Prozent von ihnen Kredite mit variablem Zinssatz aufnahmen.

Bleibt abzuwarten, ob der Rückgang der Zinssätze, der Mitte 2024 einsetzte, die Kreditvergabe demnächst tatsächlich ankurbeln wird.