Türkisches Erdbebengebiet ist seit langem Krisenregion
Der Südosten der Türkei ist seit den 1980er Jahren vom türkisch-kurdischen Konflikt geprägt. Zwangsumsiedlungen aus den Dörfern haben über die Jahre die Provinzstädte zu Millionenstädten anwachsen lassen. Hinzu kamen seit 2011 syrische Flüchtlinge entlang der türkisch-syrischen Grenze. Städte wie Gaziantep, Hatay und Diyarbakir beherbergen die meisten Flüchtlinge. Von den etwa 13,5 Millionen Menschen in diesem Gebiet, sind nach UNO-Angaben 2 Millionen syrische und rund 300.000 afghanische Flüchtlinge.
Nach UNO-Angaben sind von Adana und Hatay im Westen bis Diyarbakir im Osten zehn Provinzen im Südosten der Türkei von den Folgen des Erdbebens betroffen. Besonders die Städte Kahramanmaras und Gaziantep, wo kurz hintereinander in Elbistan (7,6 Richterskala) und Pazarcik (7,7 Richterskala) die Epizentren der zwei Erdbeben waren, ist die Zerstörung groß.
Das türkische Erdbebengebiet ist auch das Zentrum des Südostanatolien-Projekts, einer Ansammlung von 22 Staudämmen, die seit den 1980iger Jahren entlang Euphrat (14) und Tigris (8) gebaut wurden. Die Staudämme seien nicht Auslöser des Erdbebens gewesen, hätten es aber erheblich verstärkt, sagte der jordanische Geologe Ahmad Malabeh. Seit mehr als einem Jahr hat die Türkei die Wasserdurchlaufmenge der beiden wichtigen Ströme reduziert und damit in Syrien und im Irak erheblichen Wassermangel herbeigeführt. Die gestauten Wassermengen verübten großen Druck auf unterirdische Gesteinsschichten. Um den Druck zu mindern hat die Türkei nach dem Erdbeben den Wasserdurchlauf Richtung Süden normalisiert.
Ein weiteres Problem in der Region sind die Pipelines, die unter anderem vom Kaspischen Meer, Öl zum Mittelmeerhafen Ceyhan leiten. Die Baku-Tbilisi-Ceyhan-Pipeline stellte ihren Betrieb am 9. Februar vorübergehend ein, nachdem im Hafen von Ceyhan ein »Force Majeure« gemeldet wurde, das den weiteren Betrieb stoppte. Auch die Kirkuk-Cyhan-Pipeline, die von der Kurdischen Autonomieregierung im Nordirak kontrolliert wird, stellte den Betrieb ein.
Die in Syrien betroffenen Provinzen Aleppo, Idlib, Hama, Latakia und Tartus sind vor allem landwirtschaftlich genutzte Gebiete. Städte und Dörfer sind von dem Krieg in Syrien seit 2011 schwer gezeichnet. In den Provinzen befinden sich viele Kulturgüter, die teilweise auf der Liste des Welterbes der UNESCO stehen. Die Altstadt und die aus dem 13. Jahrhundert stammende Zitadelle von Aleppo sind betroffen. Schäden wurden an verschiedenen der gerade wieder aufgebauten Märkte gemeldet, auch unweit des Antakia Tors. Das Nationalmuseum von Aleppo weise Risse auf, heißt es in einem vorläufigen UNESCO-Bericht. Weitere Schäden wurden aus Hama und Tartus gemeldet.
In der Türkei ist besonders die alte Stadtmauer von Diyarbakir betroffen, die als Weltkulturerbe gilt. Die UNESCO geht davon aus, daß alle Weltkulturerbestätten im im Südosten der Türkei beschädigt wurden. Die etwa 2.000 Jahre alte Burg von Gaziantep brach zusammen.