Kaleidoskop12. August 2025

Muß die Bratwursthistorie neu geschrieben werden?

von dpa/ZLV

Erfurt – Bayern oder Thüringen? Erfurter Forscher wollen den bislang ältesten Nachweis für einen Bratwurststand gefunden haben. In einer Urkunde von 1269 (das Foto zeigt eine Kopie) sei von einer Hütte und einem Bräter an der bekannten Krämerbrücke die Rede, sagen der Projektleiter Welterbe der Thüringer Landeshauptstadt, Martin Sladeczek, und der emeritierte Historiker Karl Heinemeyer. Die Urkunde sei durch Zufall bei Nachforschungen über die Geschichte der Brücke gefunden worden. Muß die Historie der Bratwurst nun umgeschrieben werden?

Bislang schmückt sich das Regensburger Lokal »Wurstkuchl« mit dem Titel »Älteste Bratwurststube der Welt«. Die erste urkundliche Erwähnung eines Kochs an dieser Stelle stammt von 1378 – also über 100 Jahre später als in Erfurt. Vor rund 25 Jahren war schon einmal ein Streit mit der Bratwursthochburg Nürnberg um das älteste Lokal entbrannt. Damals konnten die Regensburger die älteste Erwähnung vorlegen.

Nun könnte der Titel von Bayern nach Thüringen gehen, wo die Bratwurst ebenfalls zum Kulturgut gehört. Im Jahr 1404 wurde in Arnstadt »1 Groschen für Bratwurstdärme« ausgegeben. Aus Sicht von Thomas Mäuer vom »1. Deutschen Bratwurstmuseum« in Mühlhausen, Thüringen ist diese Rechnung der erste Nachweis für die Bratwurst überhaupt. Zwar stehe in einem Nürnberger Schriftstück von 1313, daß Lendenfleisch zu Würsten verhackt wurde, da sei aber nicht von einer Bratwurst die Rede.

Aus seiner Sicht ist die Sache einfach: In der Arnstädter Urkunde stehe das erste Mal das Wort Bratwurst geschrieben, alles andere funktioniere nur »über einen Dreisatz«. Mit Blick auf die Entdeckung in Erfurt sagt er: »Ich halte es für sehr gewagt, daraus zu schließen, daß dort Bratwürste gebraten wurden.« Die Geschichte muß aus seiner Sicht daher auch nicht neugeschrieben werden.

Tatsächlich ist in der Urkunde, in der die Pachtrechte auf der Krämerbrücke festgehalten wurde, nicht vermerkt, was dort gebraten wurde. Aber, so Sladeczek: »Wir wissen, was die Menschen im Mittelalter gegessen haben: Würste und gebratenes Fleisch.« Der Nachweis von 1404 sei ein Zufallsfund, genau wie der ihre. Bratwürste habe es vermutlich auch schon viel früher gegeben.