»Bunte Revolution« in Moldowa gescheitert
Hatte Rumänien seine Hände im Spiel?
Am vergangenen Freitag informierte Renata Lapti, die stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission der Republik Moldowa, daß die Neuauszählung der zu den Parlamentswahlen vom 5. April abgegebenen Stimmen den Sieg der PKRM bestätigt hat. Sie erklärte: »Die nach der Neuauszählung gewonnenen Daten unterscheiden sich im Grunde genommen nicht vom ursprünglichen Resultat. Die Differenz beträgt einige Hundertstel Prozent.«
Nach dem ursprünglichen Wahlergebnis entfallen auf die seit acht Jahren regierende »Partei der Kommunisten der Republik Moldowa« (PKRM) 49,5 Prozent der Stimmen. Im Parlament sind zudem drei Oppositionsparteien vertreten: die Liberale Partei (13%), die Liberaldemokratische Partei (12,4%) und die Allianz »Unser Moldowa« (9,7 Prozent). Die PKRM wird 60 Sitze im neuen Parlament einnehmen, die Liberale und die Liberaldemokratische Partei je 15 und »Unser Moldowa« elf.
Die Nachzählung war von der PKRM nach den Krawallen vom 7. April beantragt worden, um den von der Opposition verbreiteten Gerüchten über angebliche Manipulationen den Boden zu entziehen. Bei den Krawallen wurden das Parlament sowie der Amtssitz des Präsidenten gestürmt und verwüstet. Auf den Gebäuden wurde die rumänische Fahne gehißt. In Sprechchören und auf Plakaten wurde der Anschluß an Rumänien gefordert.
Präsident Woronin beschuldigte in einer Fernsehansprache Rumänien, seine Finger im Spiel zu haben. Als Beleg dafür führte er u.a. den Auftritt des rumänischen Präsidenten an, der »die Feststellung der europäischen Beobachter, daß die Wahlen in Moldowa demokratisch und frei waren, in Zweifel gezogen, sich erkühnt hatte, die gesamte Bevölkerung der Republik Moldowa als Rumänen zu bezeichnen und sich dazu verpflichtete, die organisatorische und finanzielle Unterstützung all jener Kräfte zu verstärken, die tagtäglich davon reden, daß es notwendig sei, Moldowa zu liquidieren.« Der rumänische Präsident hatte sich ohne Umschweife mit einem Aufruf an die moldawische Jugend gewandt und versprochen, »alle Rumänen auf der anderen Seite des Prut durch die Erteilung der rumänischen Staatsbürgerschaft nach Europa zu führen.«
Woronin qualifizierte den Auftritt des rumänischen Staatsoberhaupts als »Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Republik Moldowa« und »Aufhetzen zur Fortsetzung der Straßenunruhen«. Er wies außerdem darauf hin, daß rumänische Bürger den visafreien Reiseverkehr mißbraucht und sich zahlreich an den Demonstrationen beteiligt hätten. Darüber hinaus warf er den rumänischen Medien vor, die Unruhen angeheizt zu haben.
Die großrumänischen Ambitionen der herrschenden Kräfte des EU-und NATO-Landes Rumänien haben zu einer deutlichen Abkühlung des ohnehin nicht spannungsfreien Klimas zwischen den Nachbarstaaten geführt. Im Gefolge der offenen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Moldowas wurde der rumänische Botschafter des Landes verwiesen und die Visapflicht für rumänische Bürger wieder eingeführt.
Mit den Ergebnissen der Neuauszählung ist der Versuch in Moldowa eine »bunte Revolution« nach dem Beispiel Georgiens und der Ukraine anzuzetteln, endgültig gescheitert. Er war allerdings von vornherein auf Sand gebaut. Schließlich war und ist die Situation in Moldowa trotz der durch die internationale Wirtschaftskrise weiter zugespitzten schwierigen ökonomischen und sozialen Lage nicht mit den seinerzeitigen Bedingungen in Georgien und der Ukraine vergleichbar.
Erstens ist der Sieg der PKRM zu eindeutig und die Opposition zu weit abgeschlagen. Zweitens folgt die Mehrheit der Bevölkerung den Parolen nach Anschluß an Rumänien nicht, zumal damit die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung mit Transnistrien endgültig zu Grabe getragen würde. Drittens haben nicht nur die Beobachter aus den GUS-Staaten, sondern auch die westlichen Wahlbeobachter dem Urnengang einen insgesamt demokratischen Normen entsprechenden Verlauf bescheinigt.
Und viertens hat man im Westen – zumindest bei der EU – offenbar kein besonderes Interesse daran, die PKRM von den Schalthebeln der Regierung zu verdrängen und durch die nur wenig im Volk verankerte Opposition zu verdrängen. Schließlich ist die PKRM, bei allen Bemühungen auch zu Rußland gute Beziehungen zu unterhalten, vorrangig auf die EU orientiert. Das findet auch seinen Ausdruck in der Losung »Das europäische Moldowa erbauen wir gemeinsam!« – unter der die PKRM den Wahlkampf geführt hat. Und das Gespenst der »kommunistischen Gefahr« dürfte man bei nüchterner Analyse der Politik und Programmatik der Partei wohl realistischer Weise in der PKRM auch nicht sehen.
Der Versuch einer »bunten Revolution« ist gescheitert. Die PKRM ist der eindeutige Wahlsieger. Sie verfügt über eine satte absolute Mehrheit der Sitze im Parlament und kann die Regierung bilden. Für die Wahl des neuen Präsidenten durch das Parlament ist sie wegen der in der Verfassung errichteten hohen Hürde allerdings auf Unterstützung aus den Oppositionsparteien angewiesen. Dafür wird sie Zugeständnisse machen müssen. Denkbar ist allerdings auch, daß die Präsidentenwahl scheitert. Dann müssen Neuwahlen des Parlaments stattfinden.