Teure »Experten«
Steuergeld für Talkshow-Dauergäste im deutschen Fernsehen
In einem Grundsatzurteil hat das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 22. Februar klargestellt, daß die Jahr für Jahr in den Staatshaushalt eingestellten Förderbeträge für sogenannte »parteinahe Stiftungen« bislang ohne gesetzliche Grundlage ausgezahlt worden sind. Ein Zustand, der nun von der Regierung abgestellt werden muß. Es geht dabei um einen Betrag von insgesamt etwa 600 Millionen Euro jährlich, der den Stiftungen der SPD (Friedrich-Ebert-Stiftung), der CDU/CSU (Konrad-Adenauer- und Hanns-Seidel-Stiftung), der FDP (Heinrich-Naumann-Stiftung), der grünen Heinrich-Böll-Stiftung und der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung in schöner Regelmäßigkeit zugeflossen war.
Die parteinahe Stiftung der rechtslastigen AfD, die von den übrigen Bundestagsparteien bislang vom Zugriff auf den Futtertrog ausgeschlossen war, hat nun die Aussicht, am Fördertopf beteiligt zu werden. Der Weg zum Geld liegt für die AfD aber noch in weiter Ferne, erst einmal muß ein neues Gesetz her, das die Fördermittelvergabe regelt.
Der eigentliche Skandal liegt indes nicht in der Finanzierung der Stiftungen und auch nicht in den jährlich etwa 205 Millionen Euro aus Steuergeldern zur Finanzierung der Bundestagsparteien. Er liegt in den millionenschweren Geldflüssen aus dem Bundeshaushalt an politische Stiftungen und Vereine, die sich das Mäntelchen regierungsferner Organisationen und unabhängiger Expertise umhängen.
Seit dem Beginn des Eingreifens Rußlands in den Ukraine-Krieg schlägt ihre Stunde. Sie kommen meist aus Think-Tanks mit streng atlantischer Ausrichtung, der »Stiftung Wissenschaft und Politik« (SWP) oder der »Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik« (DGAP). Sie nennen sich »Rußland-«, »Osteuropa-« oder schlicht »Militärexperten«. Keine »Tagesschau«, keine Talkshow und kein »Brennpunkt« kommt ohne sie aus. »Unabhängige« Experten, tätig für Stiftungen, die von der deutschen Regierung ausgehalten werden.
Die SWP erhält aus Bundesmitteln 17,3 Millionen Euro (»institutionelle« Förderung), »Sonderbewilligungen« von 168.000 Euro sowie einen Zuschuß für die »Gewinnung sicherheitspolitischer Expertise« (75.000 Euro). Der Gründer der SWP, Klaus Ritter, sammelte seine Erfahrungen in der Geheimdienstabteilung »Fremde Heere Ost« der Naziwehrmacht – unter dem Kommando des späteren Gründers des westdeutschen Auslandsgeheimdiensts BND, Reinhard Gehlen.
Der Osten ist auch das Spezialgebiet der Leiterin der SWP-Forschungsgruppe »Sicherheitspolitik«, Claudia Major. Über 200 Mal war sie im vergangenen Jahr als Expertin in Talkshows, in den deutschen Abendnachrichten und im Frühstücksfernsehen gefragt, oft gebucht im Doppelpack mit dem Militärexperten der Bundeswehrhochschule Carlo Masala.
Florence Gaub, das Aushängeschild der von der deutschen Regierung mit 1,564 Millionen Euro gesponserten »Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik« geriet im Wettstreit der Atlantiker ins Hintertreffen, nachdem sie bei »Lanz« nicht mehr an sich halten konnte und mit antislawischer Hetze etwas über die Werteverteidigung hinaus schoß: »Ich glaube, wir dürfen nicht vergessen, daß, auch wenn Russen europäisch aussehen, daß es keine Europäer sind – im kulturellen Sinne.«
Major und Gaub eint ihre Mitgliedschaft in der von der früheren US-amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright aus der Taufe gehobenen »Women in International Security« (WIIS). Die WIISS zählt auf ihrer Internetseite stolz ihre Förderer auf. Die Top 3 der US-amerikanische Rüstungskonzerne: Lockheed Martin, Northrop Grumman und Boeing und die Geldgeber, die den Laden zusammenhalten: Die NATO und das State Department, das Außenministerium der USA.