Teure Nibelungentreue zu USA
Der von der EU und den meisten ihrer Mitgliedstaaten auf Geheiß der USA gegen Rußland geführte Wirtschaftskrieg erweist sich immer mehr als Bumerang. Während massiv gestiegene Energiepreise und die dadurch noch zusätzlich befeuerte Inflation die Massenkaufkraft in ganz EU-Europa gewaltig nach unten gedrückt haben, sieht sich Luxemburg darüber hinaus mit der Forderung eines zu Unrecht sanktionierten Oligarchen konfrontiert, die in ihrer Höhe mehr als der Hälfte der im Staatsbudget 2024 eingeplanten Einnahmen entspricht:
Rund 15,8 Milliarden US-Dollar oder umgerechnet 14,6 Milliarden Euro fordert der russisch-israelische Geschäftsmann Michail Fridman als Schadenersatz für in Luxemburg eingefrorene Gelder. Die budgetierten Staatseinnahmen belaufen sich in diesem Jahr auf 27,5 Milliarden Euro. Daß sich die Regierung über die Milliardenforderung ausschweigt, macht sie nicht weniger bedrohlich.
Wie die in Moskau erscheinende Wirtschaftszeitung »Wedomosti« am Mittwoch berichtet hat, beruft sich der Mitgründer eines der größten privaten Industrie- und Finanzkonzerne Rußlands auf ein im Jahr 1989 noch mit der Sowjetunion abgeschlossenes Investitionsschutzabkommen. Das gilt noch immer, weil Rußland Rechtsnachfolger der Sowjetunion ist.
Daß EU-Gerichte das kapitalistische Eigentum auch dann achten, wenn es sich bei den Eigentümern um Russen handelt, stellte das dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nachgeordnete Gericht der Europäischen Union (EuG) im April unter Beweis, als es unmittelbar nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor gut zwei Jahren von der EU-Kommission verhängte Sanktionen gegen Fridman und seinen Geschäftspartner Pjotr Awen für nichtig erklärte.
Die beiden sind nicht die ersten russischen Kapitalisten, die sich erfolgreich gegen westliche Sanktionen gewehrt haben. Im Juni 2023 erreichte Bank- und Radsportteam-Gründer Oleg Tinkoff, der sogar die russische Staatsbürgerschaft abgelegt und die zyprische angenommen hatte, die Aufhebung der britischen Sanktionen.
Vor zwei Monaten verließ unter anderem der ehemalige Formel 1-Fahrer Nikita Masepin die rund 1.900 Personen und Unternehmen umfassende Brüsseler Sanktionsliste. Dreimal hatte die EU die Sanktionen gegen Masepin verlängert, der deshalb seinen Platz im Renncockpit verlor. Bis das EU-Gericht entschied, daß die Brüsseler Bürokraten unrechtmäßig gehandelt hatten. Die hatten nur einen einzigen Grund für ihre Sanktionen angegeben: Nikita ist der Sohn seines Vaters Dmitri Masepin, des Gründers des »systemrelevanten« Unternehmens UralChim. Eine genetische Verbindung sei kein Grund für Sanktionen, urteilten die Richter. Zumal Nikita Masepin keinerlei Geschäftsverbindung zu seinem Vater hat…
Der sanktionswütigen EU und ihren nach wie vor zum Mitmachen bereiten Mitgliedstaaten droht weiteres Ungemach. Am Mittwoch hat die russische Regierung Brüsseler Pläne zur Nutzung von Zinserträgen aus eingefrorenen russischen Vermögen zugunsten Kiews als »Enteignung« kritisiert. Brüssel will Zinserträge in Milliardenhöhe aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank künftig zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine nutzen. Dafür waren am Dienstag die notwendigen Entscheidungen getroffen worden. Nach Angaben der EU-Kommission sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren. Allein dieses Jahr sollen demnach bis zu drei Milliarden Euro an Zinsen zusammenkommen.