Ausland17. September 2022

Auslands-Nachrichten

9,1 Prozent Inflation in der Eurozone

Die Inflation in der Eurozone hat sich im August auf hohem Niveau weiter beschleunigt und einen Rekordwert erreicht. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhten sich die Verbraucherpreise um 9,1 Prozent, teile Eurostat am Freitag in Luxemburg laut einer zweiten Schätzung mit. Die August-Rate ist die höchste seit Einführung des Euro als Buchgeld 1999. Im Vormonat waren die Verbraucherpreise um 8,9 Prozent gestiegen.

Getrieben wurde die Teuerung erneut durch den starken Anstieg der Energiepreise, die sich zum Vorjahresmonat um 38,6 Prozent erhöhten. Deutlicher beschleunigte sich der Preisauftrieb bei Lebens- und Genußmitteln, die um 10,6 Prozent zum Vorjahr zulegten. Stärker stiegen auch die Preise von Industriegütern und Dienstleistungen. Die »Kerninflation«, bei der besonders schwankungsanfällige Preise von Energie, Lebens- und Genußmitteln nicht berücksichtigt werden, stieg von 4,0 auf 4,3 Prozent.

Die höchsten Inflationsraten im Währungsraum wiesen mit mehr als 20 Prozent erneut die drei baltischen Staaten auf. So stieg die Jahresinflationsrate in Estland auf 25,2 Prozent. In Deutschland betrug die nach europäischen Standards berechnete Inflationsrate 8,8 Prozent. Frankreich hat mit 6,6 Prozent die niedrigste Inflationsrate in der Eurozone.

Frankreichs Fluglotsen im Streik

Seit den frühen Morgenstunden haben Fluglotsen in Frankreich am Freitag ihre Arbeit für 24 Stunden niedergelegt. Air France kündigte an, etwa 55 Prozent der Kurz- und Mittelstreckenflüge zu streichen. Zu dem Streik aufgerufen hatte die Gewerkschaft SNCTA. Nach sechs Monaten Verhandlungen vermisse man konkrete Antworten der Unternehmerseite. Streitpunkte sind die Sicherung des Nachwuchses sowie die Forderung nach Zahlungen zum Inflationsausgleich. Die SNCTA hat bereits eine zweite Streikankündigung für den 28. bis 30. September veröffentlicht.

Hungersnöte mehr als verdoppelt

In zehn stark betroffenen Klima-Krisenherden kämpfen mehr als doppelt so viele Menschen mit akutem Hunger wie noch vor wenigen Jahren. Aktuell leiden in diesen Ländern 48 Millionen Menschen unter akutem Hunger – ein Anstieg um 21 Millionen seit 2016. Und 18 Millionen von ihnen seien gefährdet, an Hunger zu sterben, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Oxfam-Studie »Hunger in a heating world«.

Zugleich wies die Hilfsorganisation darauf hin, daß der Profit, den die Energiekonzerne innerhalb von 18 Tagen machen, den gesamten von der UNO für 2022 veranschlagten weltweiten Bedarf an humanitärer Hilfe decken würde. Deren täglichen Profite lagen in den vergangenen 50 Jahren im Durchschnitt bei 2,8 Milliarden Dollar. Die Profite von nicht einmal ganz 18 Tagen könnten die 49 Milliarden Dollar decken, die laut UNO gebraucht werden, um den gesamten Bedarf an humanitärer Hilfe im Jahr 2022 zu decken.

G7 demonstrieren »Solidarität mit der Ukraine«

Pelosi: »Es ist ein geringer Preis, den wir zahlen müssen«

Berlin – Die Parlamentspräsidenten der G7-Staaten und des EU-Parlaments haben der Ukraine weitere »Solidarität im Krieg gegen Rußland« zugesichert.

»Die Menschen in der Ukraine verteidigen nicht nur ihre, sondern unser aller Demokratie, somit ist es ein geringer Preis, den wir zahlen müssen«, sagte Nancy Pelosi, Sprecherin des USA-Repräsentantenhauses, bei einem Treffen mit ihren Kolleginnen und Kollegen am Freitag in Berlin. »Natürlich machen uns hohe Energiepreise Sorgen, aber diese Menschen riskieren ihr Leben.«

Pelosi sprach von »substanzieller Sicherheitsunterstützung« für die Ukraine, humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe sowie »Sanktionen, Sanktionen, Sanktionen«, die Rußland weh tun müßten. Die deutsche Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sagte, Rußlands Präsident Wladimir Putin führe einen Kampf gegen alle liberalen Demokratien des Westens und ruiniere dabei sein eigenes Land. »Und diesen Kampf wird er nicht gewinnen.«

An dem Treffen in Berlin nahm auch der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk teil. Er hatte zuvor Forderungen seines Landes nach der Lieferung von Kampfpanzern unterstrichen.

Pelosi – gemäß Protokoll die Nummer drei der USA – sagte: »Es ist klar, daß dieser Krieg gewonnen werden muß.« Die Menschen in der Ukraine kämpften für die Demokratie überall. Die klare Botschaft dieses Tages sei, daß die G7 solidarisch seien.

Deutschland hat derzeit den Vorsitz der G7-Gruppe inne, der auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Britannien angehören.

Xi Jinping warnt vor »Farbenrevolutionen« und Einmischung

Samarkand – Eindringlich hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die Mitglieder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) vor Volksaufständen und Einmischung aus dem Ausland gewarnt. »Wir müssen ausländische Kräfte daran hindern, ‚Farbenrevolutionen‘ anzuzetteln«, sagte der chinesische Präsident am letzten Tag des Gipfels der Staatengruppe am Freitag im usbekischen Samarkand. Gemeinsam müßten sich die Mitglieder der »Einmischung in innere Angelegenheiten unter irgendwelchen Vorwänden« widersetzen.

Die Welt trete in eine »neue Phase der Turbulenzen und der Veränderung« ein, warnte Xi Jinping in seiner Rede. »Der Nebel der Pandemie des Jahrhunderts hat sich noch nicht verzogen, der Rauch lokaler Konflikte steigt wieder auf, die Mentalität des Kalten Krieges und Blockpolitik sind zurückgekehrt.« Unilateralismus und Protektionismus nähmen zu. Die wirtschaftliche Globalisierung stoße auf Gegenströmungen. »Die Menschheit steht am Scheideweg.«

Rußlands Präsident warf dem Westen einmal mehr Fehler vor und sagte, daß die Welt eine Transformation durchmache, die »unumkehrbar« sei. Es entstünden neue Machtzentren in der Welt, meinte er auch mit Blick auf Rußlands engere Zusammenarbeit mit dem Nachbarn China. Die Shanghai-Gruppe sei heute die größte regionale Organisation und offen für neue Mitglieder.

Erstmals seit drei Jahren fand der Gipfel wieder in Anwesenheit der Staats- und Regierungschefs statt. Wegen der Pandemie hatten sie zuletzt virtuell konferiert. Der 2001 mit Blick auf den Kampf gegen Terrorismus gegründeten Gruppe gehören China, Rußland, Indien, Pakistan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan an. Diesmal wurde der Iran aufgenommen, der wie Belarus und die Mongolei Beobachterstatus hatte. Es begann der Prozeß für die Aufnahme von Belarus. Partnerländer sind Armenien, Aserbaidschan, Kambodscha, Nepal, Sri Lanka und die Türkei.

Der Iran wolle mit der Mitgliedschaft Teil einer fairen und ausgewogenen Weltordnung sein, sagte Präsident Ebrahim Raisi. Den USA machte er gleichzeitig schwere Vorwürfe. »Unsere Region hat in den vergangenen Jahrzehnten den bitteren Geschmack ausländischer Interventionen gekostet – und das Resultat war nichts als die Erschaffung von Terrorismus und Verbreitung von Unsicherheit.« Der Iran sei darüber hinaus bereit, eine wirksame Rolle bei der Sicherstellung der Energieversorgung einzunehmen, sagte Raisi.

Der Gipfel nahm eine »Erklärung von Samarkand« zur Vertiefung der Zusammenarbeit an. Auch wurde auch eine Reihe von Dokumenten zur globalen Nahrungsmittelsicherheit, zur Energieversorgung, zum Klimawandel und zur Sicherung verläßlicher Lieferketten vorgelegt.

Scholz für gemeinsame Rüstung in der EU und »Zwei-Prozent-Ziel«

Berlin – Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat für eine »europäische Zusammenarbeit« bei Rüstungsexporten geworben und Unterstützung für die Überarbeitung der strengen deutschen Richtlinien signalisiert. Die Organisation zum Management von gemeinsamen Rüstungsvorhaben habe das Zeug dazu, »zum Nukleus einer europäischen Zusammenarbeit« zu werden, sagte der SPD-Politiker am Freitag auf einer Bundeswehrtagung in Berlin. Voraussetzung sei allerdings, daß die Mitgliedstaaten ihre Vorbehalte und Regularien zur Nutzung und zum Export gemeinsam hergestellter Systeme überprüften.

Eine gemeinsame »europäische Rüstung« sei möglich – und bei neuen, komplexen Systemen oft auch der einzige Weg, sagte Scholz. Das vielleicht drängendste Problem in »Europa« sei die völlig unübersichtliche Zahl an Waffensystemen und Rüstungsgütern und die Konkurrenz unterschiedlicher Rüstungsunternehmen. »Nur der koordinierte Aufwuchs europäischer Fähigkeiten führt zu einem handlungsfähigen Europa«, sagte er Kanzler. Ihm sei dabei besonders die Luftverteidigung wichtig.

Scholz erneuerte seine Zusage, künftig zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung in die »Verteidigung« zu investieren. »Auch meine Aussage, daß wir den Verteidigungshaushalt auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern werden, gilt«, betonte er.

»Der Kernauftrag der Bundeswehr ist die Verteidigung der Freiheit in Europa!«, betonte Scholz. Alle anderen Aufgaben müßten sich dem unterordnen.

UNO-Kassen für humanitäre Hilfe sind leer

Genf – Trotz größerer Spenden von Regierungen in diesem Jahr reicht die humanitäre Hilfe bei Weitem nicht aus. Für den Zeitraum bis Ende Dezember fehlt den UNO-Organisationen zur Bewältigung der gestiegenen Not weltweit noch ein Betrag von 32 Milliarden Dollar, berichtete das UNO-Nothilfebüro (OCHA) am Freitag in Genf. 17,6 Milliarden Dollar seien auf den Bankkonten eingegangen – so viel wie nie zuvor in einem Jahr, aber die Lücke sei ebenfalls so groß wie nie. Zu der katastrophalen Lage trügen Konflikte, Klimakrisen, Hunger und Vertreibungen bei. 204 Millionen der am meisten gefährdeten Menschen müsse geholfen werden.

Für manche Länder und Regionen seien weniger als 20 Prozent der benötigen Summe eingegangen, um Menschen mit Nahrungsmitteln, Behausungen oder ärztlicher Hilfe zu versorgen, sagte der OCHA-Sprecher. Dazu gehören etwa Myanmar, El Salvador und Mosambik. Am besten seien die benötigten Budgets für Libyen, Somalia und die Zentralafrikanische Republik gedeckt, zwischen 69 und 79 Prozent.

Lula liegt in Umfragen deutlich vorn

Brasília – Der frühere brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva steuert auf eine weitere Amtszeit im größten Land Lateinamerikas zu. Bei der ersten Wahlrunde am 2. Oktober darf Lula nach jetzigem Stand auf rund 45 Prozent der Stimmen hoffen, wie am Donnerstag aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Datafolha hervorging. Amtsinhaber Jair Bolsonaro würde etwa 33 Prozent der Stimmen erhalten. Auf dem dritten Platz folgte der sozialdemokratische Politiker Ciro Gomes mit 8 Prozent.

Damit deutet alles auf eine Stichwahl zwischen dem Kandidaten der Arbeiterpartei Lula und dem rechtspopulistischen Scharfmacher Bolsonaro hin. Laut der Datafolha-Umfrage würde Lula in der zweiten Runde Ende Oktober rund 54 Prozent der Stimmen holen und die Wahl damit gewinnen. Bolsonaro käme auf 38 Prozent im zweiten Wahlgang.

Lula regierte Brasilien von 2003 bis 2010. Mit Sozialprogrammen holte er Millionen Menschen aus der bittersten Armut. Auch wirtschaftlich boomte Brasilien während seiner Amtszeit.

Grabfunde in Isjum kein »neues Butscha«

Isjum – Bei den Leichenfunden in der ostukrainischen Kleinstadt Isjum handelt es sich nicht um ein Massengrab, sondern um viele Einzelgräber. »Ich möchte das nicht Butscha nennen – hier wurden die Menschen, sagen wir mal, zivilisierter beigesetzt«, sagte der ukrainische »Vermißtenbeauftragte« Oleg Kotenko dem TV-Sender Nastojaschtschee Wremja in der Nacht zum Freitag.

Am Donnerstag war der Fund eines Friedhofs mit mehr als 440 Gräbern gemeldet geworden. Präsident Selenski sprach unverzüglich von einem »Massengrab«.

Entlastungsmaßnahmen in Belgien

Brüssel – Bürger und Unternehmen in Belgien sollen angesichts der gestiegenen Energiepreise in den Wintermonaten unterstützt werden. Am Freitag einigte sich die Regierung auf ein weiteres Entlastungspaket, kündigte Ministerpräsident Alexander De Croo auf Twitter an. Familien sollen im November und Dezember jeweils 135 Euro für Gas und 61 Euro für Strom bekommen. Die Maßnahmen sollten auf die jeweiligen Einkommen und Verträge der Verbraucher angepaßt werden, um die am schwersten getroffenen gezielt zu unterstützen. Es sei auch ein Heizöl-Scheck von 300 Euro vorgesehen.

Gleichzeitig sollen auch die Unternehmen und Selbstständigen entlastet werden, etwa indem Steuer- und Sozialabgabenzahlungen verzögert werden können – oder durch Kurzarbeit. Die Insolvenzpflicht soll demnach ausgesetzt und Verbrauchssteuern auf Gas und Strom im November und Dezember auf ein Minimum gesenkt werden. Zuvor hatte die Regierung bereits beschlossen, einen Energie-Sozialtarif für besonders betroffene Verbraucher zu verlängern.


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