Aus den Betrieben09. August 2022

Katholische Kapitalisten nach 100 Jahren am Ende

Fortuna-Bank stellt ihre Geschäfte »schrittweise« ein

von Ali Ruckert

In weniger als 20 Zeilen setzte die Genossenschaftsbank Fortuna am 8. August ihre Kunden davon in Kenntnis, dass sie ihre Bankgeschäfte »schrittweise und mittelfristig« einstellen wird. Die Ankündigung kommt nicht überraschend, nachdem zuvor alle Bemühungen gescheitert waren, eine Übernahme der Fortuna Bank hinzubekommen.

Die Fortuna Bank wurde 1920 von Mitgliedern der Rechtspartei (die sich 1945 in CSV umbenannte) gegründet. Wenige Monate später erfolgte auf Betreiben der Katholischen Amtskirche und der Rechtspartei die Gründung der katholischen Gewerkschaft LCGB.

Am Anfang standen
die katholische Kirche, die Rechtspartei und der LCGB

Während der LCGB dazu gedacht war, das sozialistische und kommunistische Gedankengut in der Arbeiterklasse zu bekämpfen und den Einfluß der katholischen Kirche auf die Arbeiter zu vergrößern, sollte die Fortuna Bank dazu dienen, in Konkurrenz zu liberalen Kapitalisten, einheimisches Kapital zu stärken und parallel dazu den Einfluß der Rechtspartei auf wirtschaftlicher Ebene zu stärken und gleichzeitig die Arbeiter über Sparbücher und die Aussicht auf Wohneigentum an die katholische Kirche und die Rechtspartei zu binden.

Hundert Jahre später hinterlässt der unaufhaltsame ideologische und politische Rückgang des Einflusses der katholischen Kirche und der CSV auch Spuren auf wirtschaftlicher Ebene.

Übernahme durch
ausländisches Kapital gescheitert

2020 verkaufte das Bistum die Sankt Paulus-Verlagsgesellschaft, die das »Luxemburger Wort« herausgibt, an den belgischen Konzern »Mediahuis«, während die katholischen Aktionäre von Fortuna hierzulande fieberhaft nach einer Finanzgesellschaft Ausschau hielten, welche die Bank übernehmen würde.

Zuvor war gleich zweimal eine Übernahme durch ausländisches Kapital gescheitert, erst durch die Bank of Beirut und anschließend durch die britische Investmentgesellschaft Chenavari.

2021 wies die Fortuna Bank wohl einen Gewinn in Höhe von 7,75 Millionen Euro aus, aber das war auf den Verkauf der zwei historischen Gebäude der Bank zurückzuführen und verhinderte nicht, dass drei Jahre in Folge hohe Verluste geschrieben wurden.

Die größten Anteilseigner von Fortuna sind gegenwärtig André Wilwert (9,99 Prozent), der bis 2015 Präsident des Verwaltungsrats von Fortuna war und eng mit dem im Immobiliengeschäft tätigen Flavio Becca zusammenarbeitet, Carlo Rock (8,82 Prozent), Enkel des Gründers von Fortuna und ehemaligen LCGB-Präsidenten Jean-Baptiste Rock, der Unternehmer Patrick Losch (6,52 Prozent), der Rechtsanwalt Jacques Wolter (4,77 Prozent), aber auch der frühere CSV-Minister Fernand Boden (0,18 Prozent) und der Präsident des Verwaltungsrats von Fortuna und frühere Bürgermeister von Consdorf, André Poorters (0,21 Prozent).

Zusammen mit dem Generalsekretär der Luxemburger Staatsbank und Staatssparkasse BCEE, Marco Rasqué Da Silva, informierte André Poorters gestern die Fortuna-Kunden darüber, dass BCEE und Fortuna sich auf einen »vereinfachten und schnellen« Prozess geeinigt haben, damit die Fortuna-Kunden, die das wollen, Klienten der »Spuerkees« werden können.

Was mit den derzeit 26 Beschäftigten von Fortuna geschehen wird, geht aus dem Schreiben nicht hervor.