Auszubildende als billige Arbeitskräfte
Mit Geschenken ans Patronat und Appellen an die Gemeinden will die Regierung die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen
Ende Mai, so das offizielle »Bulletin luxembour-geois de l’emploi« , waren 1.957 Jugendliche unter 26 Jahre arbeitslos. Fast ein Viertel davon ist schon seit mehr als zwölf Monaten auf Arbeitssuche. Im Herbst dürfte sich die Situation weiter verschärfen, wenn rund 2.500 Schulabgänger eine betriebliche Ausbildung beginnen wollen. Wie Arbeitsminister Nicolas Schmit am Mittwoch erklärte, besteht derzeit noch ein Defizit von 500 Lehrlingsstellen.
Zwar sei die Jugendarbeitslosigkeit in Luxemburg mit 12,5 bis 13 Prozent »noch relativ begrenzt« , tröstete sich Schmit mit Verweis auf Spanien und Griechenland, wo die Jugendarbeitslosenquote derzeit »bei 40 Prozent und darüber« liege, dennoch wolle die CSV/LSAP-Regierung pro-aktiv handeln und die Jugendarbeitslosigkeit zunächst »in Grenzen halten« und mittelfristig »abbauen« .
Dazu kamen der Arbeitsminister und Vertreter des Erziehungsministeriums gestern mit Vertretern der Handwerkskammer, der Handelskammer und weiteren Patronatsvertretern zusammen, um Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu beraten. Auf dem Treffen wurde beschlossen, daß der Staat dem Patronat für Auszubildende, die ein CCP (Certificat de capacité professionnelle) anstreben, künftig 40 Prozent der Lehrlingsentschädigung erstatten. Bisher erhielt das Patronat bereits 27 Prozent der »indemnité d’apprentissage« zurück.
Die Erhöhung, bei der es sich laut Handwerkskammerpräsident Roland Kuhn »nicht um ein Geschenk« ans Patronat handelt, soll Schmit zufolge »zunächst für ein Jahr« gelten. Der Minister begründete die Neuregelung, für die keine Gesetzesänderung nötig sei und die deshalb in Kürze in Kraft treten könne, damit, daß die Berufsausbildung besonders unterstützungsbedürftiger Jugendlicher mehr Zeit in Anspruch nehme.
Im Zuge der andauernden Reform der Berufsausbildung wurden im März vergangenen Jahres CCM (Certificat de capacité manuelle) und CITP (Certificat d’initiation technique et professionnelle) im neuen, ebenfalls auf drei Jahre angelegten, CCP zusammengefaßt. Damit soll das System der Berufsausbildung vereinfacht werden.
Zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit wurde gestern zudem beschlossen, eine »breitangelegte Sensibilisierungskampagne« zu starten, mit der vor allem die Gemeinden, aber auch der Staat sowie Industriebetriebe, die »traditionell nicht oder kaum ausbilden« , motiviert werden sollen, »in Ausbildungsplätze zu investieren« , so Schmit. Auch müsse die Berufsorientierung in den Sekundarschulen weiter verbessert werden. Ohne die freie Berufswahl einschränken zu wollen, so der Arbeitsminister, müßten die Jugendlichen besser über die Chancen oder Schwierigkeiten informiert werden, die mit der Wahl eines Berufes verbunden sind. Wenn es mit dem zunächst angestrebten Traumberuf nicht klappe, so Schmit, sei eben eine »Reorientierung« angebracht.
Über trotz der Krise anhaltende Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Auszubildenden klagte der neue Generalsekretär des Dachverbandes der Hotel- und Gastronomiebetriebe (Horesca), François Koepp. Zwar hätten die unzähligen Kochsendungen im deutschen Fernsehen mittlerweile zu einer Aufwertung des Kochberufs auch in Luxemburg geführt, Kellner und andere Dienstleistungsberufe seien jedoch noch immer unbeliebt. Auch Metzger, Elektriker, Gipser, Verputzer und andere Berufe des Bauhandwerks seien vergleichsweise unbeliebt, während Friseursalons und Nagelstudios sich vor Bewerberinnen und Garagenbetriebe vor Bewerbern kaum retten könnten, ergänzte Roger Thoss, der im Vorstand der Handelskammer für die Berufsausbildung zuständig ist.
oe