Luxemburg09. Januar 2025

Platzverweis: Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit

von KP

Während sich die Justiz die Frage stellt, wo die Verhältnismäßigkeit von Ausweisungsanordnungen (Platzverweis) gegeben ist, hält Innenminister Léon Gloden (CSV) an der Verschärfung der repressiven Mittel fest.

Am 17. Juni erklärte dieser: »Der öffentliche Raum gehört allen Menschen. Die Regierung nimmt die immer wiederkehrenden Beschwerden von Hausbewohnern, Geschäftsleuten und Fußgängern über Personen, die Hauseingänge behindern oder die öffentliche Ordnung stören, ernst. Und die Regierung berücksichtigt die Feststellungen und die Kritik, die von den vor Ort tätigen Polizisten und den Polizeigewerkschaften kommen. Aus diesem Grund ergänzen wir den derzeitigen Platzverweis durch zusätzliche Maßnahmen«.

Es braucht nun aber gesetzliche Anpassungen, dies um: »die Polizei, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, mit einer Ordnungsmaßnahme, einem erweiterten Anwendungsbereich und klar definierten Modalitäten auszustatten«, so der Innenminister.

Die Prozedur ist schlicht, und der Platzverweis erfolgt auch nicht aus dem Stande, sondern wird etappenweise eingeleitet.

Wer also Eingänge versperrt oder sonst andere Menschen belästigt, wird erstmal zurechtgewiesen, dann gebeten zu verschwinden und falls das nicht einvernehmlich möglich ist, wird die Person von der Polizei »entfernt«.

Dazu das Innenministerium: »Notfalls kann die Entfernung auch mit Gewalt erfolgen, und zwar in einem Umkreis von bis zu einem Kilometer und für eine Dauer von 48 Stunden. Über jede Entfernung wird ein Bericht erstellt. Bei Nichteinhaltung (mindestens zweimal innerhalb von 30 Tagen) kann der Bürgermeister ein zeitlich begrenztes Ortsverbot von bis zu 30 Tagen aussprechen«.

Die CCDH widerspricht

Da diese Gesetzesänderung explizit einige Grundrechte in Frage stellt, hat die konsultative Menschenrechtskommission (CCDH) insbesondere den Artikel 5Bis im Gesetzentwurf 7909 infrage gestellt.

Die CCDH stellt fest, dass bei der Reform des Gesetzes über die Großherzogliche Polizei in den Jahren 2017 und 2018, das Parlament und die Regierung sich nicht für die die Einführung eines Platzverweises ausgesprochen hatten. Damals wurde darauf hingewiesen, dass eine Abschiebungsanordnung kein geeignetes Instrument sei zur Bewältigung eines sozialen Problems und lediglich eine Verlagerung des Problems bewirke. Zudem werde hier eine Bevölkerungsgruppe stigmatisiert.

So stellt die CCDH abermals klar, dass jede Maßnahme durch ihren Nutzen, den direkten Zweck und die Verhältnismäßigkeit gedeckt sein müssen. Die angebliche Akzeptanz durch einen Teil der Bevölkerung, selbst wenn diese eine »Mehrheit« sind, rechtfertigt nicht den Rückgriff auf eine Maßnahme mit restriktiven Auswirkungen auf die Menschenrechte.

Trotz der fundierten Einwendungen von der CCDH, fand die große Mehrheit der Abgeordneten die Verschärfung des Polizeigesetzes gut. Es wurde teils bedauert, dass die Maßnahme nicht im Vorfeld bewertet und auf andere Szenarien ausgeweitet wurden.

Staatsanwaltschaft
im Zweifel

Nun steht das Gesetz, und es ist anzunehmen, dass sich auch die Gerichte mit Fällen im Zusammenhang mit dem Platzverweis werden beschäftigen müssen. Seitens der Staatsanwaltschaft gibt es allerdings Zweifel. Dort stellt man sich die Frage, ob diese Maßnahmen in einer demokratischen Gesellschaft überhaupt notwendig sind.

Die Staatsanwaltschaft hat darauf hingewiesen, dass beispielsweise in Deutschland, nur wenn ein »gefährliches Verhalten« oder ein Strafrechtsverstoß vorliegt, solch repressive Maßnahmen angewendet werden. Die Friedensgerichte in Diekirch und Esch/Alzette weisen darauf hin, dass bevor es zur Anwendung polizeilicher Gewalt kommt, der Staatsanwalt dies genehmigen muss. Das soll dazu beitragen Polizeiwillkür zu vermeiden…

Zuckerbrot
und Peitsche

Festgestellt wird auch, dass »die inkriminierten Verhaltensweisen viel zu vage sind, um eine einheitliche und objektive Anwendung des Platzverweis zu ermöglichen«.

In den Büros der Staatsanwaltschaft scheint man nicht überzeugt, dass es eine gute Idee ist, Bürgermeistern die Macht zu geben, jemandem den Zugang für das Stadt-, Gemeindegebiet auch nur zeitweilig zu verbieten. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig gemessen an den Anforderungen unserer Verfassung.

Auch die Friedensgerichte haben noch einen Einwand. Es wäre, so deren Sicht, angemessen, dass diese freiheitsentziehende Maßnahme von einer Justizbehörde, mit der Möglichkeit Rechtsmittel einzuwenden, getroffen wird. Das allerdings ist in diesem Gesetzesentwurf nicht vorgesehen

Allen Einwänden zum Trotz, geht der Staatsanwaltschaft der Gesetzesentwurf in Teilen nicht weit genug. So schlägt diese vor, sich im Falle des »Vergehens« nicht auf eine simple Geldstrafe von 250 Euro zu beschränken. Man sollte hier eine Gefängnisstrafe von ein paar Monaten vorsehen. Das, so die Staatsanwaltschaft, hätte wenigstens einen echten Abschreckungscharakter.