Kaleidoskop03. Mai 2024

Bestseller-Autor Paul Auster ist tot

von dpa/ZLV

New York – Sein Leben lang schrieb Paul Auster langsam. Erst Entwürfe mit der Hand, dann fertige Manuskripte mit der Schreibmaschine. Eine Seite schaffe er so etwa pro Tag, sagte Auster einmal der Deutschen Presse-Agentur. »Zwei, wenn ich Glück habe, manchmal auch nur eine halbe. Aber wenn man dranbleibt, läppern sich die Seiten.« Über die Jahrzehnte seines Lebens kam so ein beeindruckender Katalog von Romanen, Poesie, Essays, Songs und Drehbüchern zusammen, darunter zahlreiche Weltbestseller wie »Die New-York-Trilogie« und »Das Buch der Illusionen«.

Etliche Preise sammelte Auster mit seinen Werken ein, er wurde zu einem der beliebtesten und erfolgreichsten Schriftsteller der USA seiner Generation. Nun ist Auster im Alter von 77 Jahren gestorben – er erlag am Dienstag in seinem Zuhause im New Yorker Stadtteil Brooklyn den Folgen einer Krebserkrankung. Auster litt seit mehr als zwei Jahren an Lungenkrebs.

In den Jahren vor seinem Tod wurden noch mehrere dicke Werke des Autors veröffentlicht. Der mehr als 1.000 Seiten lange Roman »4 3 2 1« von 2017 beispielsweise und die rund 800 Seiten lange Biografie »In Flammen« (»Burning Boy«) über den US-amerikanischen Autor Stephen Crane (1871-1900) – »ein neuer Berg der Rocky Mountains«, wie der Schriftsteller zur Veröffentlichung scherzte.

Geboren wurde Auster 1947 als Sohn jüdischer Einwanderer in Newark in der Nähe von New York. Schon als Teenager wollte er Schriftsteller werden, studierte Literatur in New York und Frankreich und hielt sich dann erst einmal mit Lehraufträgen und Übersetzungsarbeiten über Wasser. Erst mit der »New-York-Trilogie« – drei lose miteinander verwobenen Detektivgeschichten namens »Stadt aus Glas«, »Schlagschatten« und »Hinter verschlossenen Türen« – schaffte er Mitte der 1980er Jahre den Durchbruch, danach wurde er mit Romanen wie »Mond über Manhattan«, »Mr. Vertigo« und »Das Buch der Illusionen« endgültig zum gefeierten Bestsellerautor.

Seine oft autobiografisch geprägten Figuren sind schräge, gebrochene Charaktere, die sich auf der Suche nach sich selbst in allerlei Abgründen und düsteren Winkeln verlieren. Immer wieder sind es der Zufall, das Unvorhergesehene, eine fantastische Wendung, die ihr Leben bestimmen – und die Anlaß für philosophische Reflexionen über Kunst und Kultur, Identität, Leben und Tod bieten.

Vom Schreiben sei er »besessen«, sagte Auster einmal. »Schreiben ist für mich kein Akt des freien Willens, es ist eine Frage des Überlebens.« Gleichzeitig war das Schreiben aber auch ein ständiger Kampf für ihn. »Es ist das härteste, was ich mir vorstellen kann.«

Rund 50 Jahre lebte und arbeitete Auster im New Yorker Stadtteil Brooklyn, wo viele seiner Geschichten auch spielen. Seine Ehefrau Siri Hustvedt ist als Schriftstellerin kaum weniger populär als ihr Mann, die 1987 geborene Tochter Sophie feiert als Sängerin und Schauspielerin Erfolge.